Abseits oder nicht Abseits, das ist hier die Frage... Genau wie bei Shakespeare kam diese spezielle Frage jemandem im schönen England in den Sinn.
Wann ist "Abseits"?
Heute ist die Abseitsregel ganz einfach. In den Fußballregeln des DFB steht dazu:
Ein Spieler steht im Abseits, wenn er sich außerhalb seiner Spielfeldhälfte jenseits des Balls und des vorletzten Gegenspielers, mit Ausnahme des Torwarts, befindet.
Im Grunde genommen bedeutet Abseits, dass ein Spieler zwischen dem letzten Verteidiger und dem Torwart steht, wenn der Pass zugespielt wird. So die Regel heute. Doch bis es so weit ist, braucht es viel Zeit, Änderungen und Diskussionen.
Die Anfänge der Abseitsregel
Es beginnt damals in der Freemasons' Tavern: Im Jahr 1863 beschließt die frisch gegründete Football Association (heute der höchstrangige Fußballverband in England) die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
Denn der Fußball ist damals ein riesiges Durcheinander. Man darf den Ball mit der Hand berühren, Vorwärtspässe sind verboten... Kurz gesagt: Fußball ist damals eine Art Rugby.
Die Mitglieder der Football Association treffen sich also in der Freemason's Tavern im Herzen Londons. Dort werden die sogenannten Cambridge Rules dann ein wenig abgeändert. Es handelt sich dabei um eine Sammlung von Fußballregeln, die Studierende an der gleichnamigen Universität damals aufstellen.
Die "Cambridge Rules"
Eine der elf Regeln besagt z. B., dass der Ball bei Spielbeginn in der Mitte des Spielfelds angestoßen werden soll. Kommt euch bekannt vor, oder?
Es gibt auch noch diese Regel: In keinem Fall ist das Festhalten eines Spielers, Schieben mit den Händen oder Beinstellen erlaubt. Jeder Spieler darf seine Gegenspieler mit allen Mitteln, die mit diesen Regeln in Einklang sind, daran hindern, in Ballbesitz zu gelangen.
Aber zurück zum Abseits: Damals müssen mindestens drei Verteidiger und der Torwart vor dem Angreifer stehen, wenn dieser den Ball annimmt, um nicht im Abseits zu stehen. Das ist eine Menge!
Zu wenig Tore
Schnell stellen die Fußballexperten fest, dass es ziemlich kompliziert ist, so ein Tor zu erzielen. Daher beschließen sie im Jahr 1873, eine winzige Regel zu ändern. Das Abseits wird in dem Moment beurteilt, in dem der Ball abgespielt wird, und nicht mehr, wenn der Angreifer den Ball erhält.
Im Jahr 1925 wird dann eine große Veränderung vorgenommen. Man nimmt einen Verteidiger aus der Gleichung heraus. Man benötigt nun mehr als zwei Verteidiger und immer noch den Torwart.
Die unmittelbare Folge: Die Anzahl der Tore in der englischen Liga explodiert! Die Rolle des Stürmers wird taktischer, das tiefe Passspiel entwickelt sich, der moderne Fußball kommt voll in Gang.
1990: Die nächste Abseits-Reform
Und das alles dauert bis 1990. Zu diesem Zeitpunkt wird die gleiche Feststellung getroffen, wie ein halbes Jahrhundert zuvor. Die Spiele sind immer noch zu geschlossen. Und wieder wird ein Verteidiger aus der Gleichung entfernt. Von nun an braucht man nur noch einen Verteidiger und den Torwart.
Und wir fügen die Feinheit hinzu, dass der Stürmer nicht mehr hinter dem Verteidiger stehen muss, sondern auf derselben Linie stehen kann. Im Grunde genommen wird die Verteidigung nicht mehr bevorzugt. So entsteht die Abseitsregel, die wir heute kennen.
Das passive Abseits: Ein kurzes Intermezzo
Im Jahr 2005 führt die FIFA übrigens für kurze Zeit das sogenannte passive Abseits ein. Das Spiel soll damals erst dann unterbrochen werden, wenn der Spieler, der im Abseits steht, den Ball berührt.
Die Kritik zahlreicher Fußballverbände ist allerdings so groß, dass die doch sehr kuriose Regel sofort wieder abgeschafft wird. Vielleicht droht dem Videobeweis ja ein ähnliches Schicksal...
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