Der Macintosh war nicht nur 1984 ein revolutionäres Produkt. Manche seiner Designelemente halten sich in den großen Betriebssystemen bis heute, der Papierkorb etwa. Es lässt sich sogar argumentieren, dass wir unsere Handys mit den gleichen Prinzipien steuern, die der Mac damals eingeführt hat. Gleichzeitig wirkt ein Gerät mit einem 8-Megahertz-Prozessor mehr als antiquiert. Was ist schon das besondere an einem Mac? Wer das verstehen möchte, muss in die Geschichte eintauchen.
Wenn man wissen will, wie sehr sich die Welt seit Mitte der 1980er-Jahre verändert hat, lohnt es sich, die Aufzeichnung der Präsentation des ersten Macintosh anzusehen. Der junge Steve Jobs (1955-2011) hebt einen Computer, der aus heutiger Sicht antik wirkt, aus einer Tasche, stöpselt das Gerät ein und verkündet: "Alle Bilder, die sie gleich sehen werden, werden von dieser Maschine erzeugt." Der Apple-Chef schiebt eine Diskette in das Laufwerk und das Publikum reagiert mit begeisterter Ekstase auf die bloße Tatsache, dass der Schriftzug "Macintosh" von rechts nach links durch das Bild läuft.
Diese Begeisterung wiederholt sich während der Präsentation mehrfach, besonders als ein dreidimensionales Schachbrett angezeigt wird und das Gerät in einer aus heutiger Sicht nahezu parodistischen Computerstimme einen Text vorliest. Solche Spielereien und viele weitere Anwendungen sind im Jahr 2023 derart selbstverständlich, dass sie nur die allerwenigsten hinterfragen. Doch damals, 1984, waren sie für viele Menschen nicht weniger als der Beginn der digitalen Revolution.
Ein Computer, den jeder bedienen kann? 1984 nicht weniger als eine Revolution
Und genau wie eine Revolution stellte Apple sein Prestigeprojekt bei der Einführung auch vor. Bezeichnend dafür ist ein später als "Werbespot der Dekade" ausgezeichnetes und nur ein einziges Mal während des Superbowl XVIII ausgestrahltes 60-sekündiges Werbevideo. In diesem nahm Apple dramatisch Bezug auf den Roman "1984" von George Orwell (1903-1950) und versah ihn mit dem Slogan: "Am 24. Januar wird Apple Computer den Macintosh vorstellen. Und sie werden sehen, warum 1984 nicht wie '1984' sein wird."
Letztlich markierte der 24. Januar 1984 tatsächlich einen Meilenstein in der Geschichte der Computerindustrie, denn der Macintosh krempelte die Art und Weise, wie Menschen mit Computern interagieren, gehörig um. Als erstes Unternehmen bot man privaten Nutzern eine grafische Bedienoberfläche mit Maus und Icons an - heute die Grundlage für unsere Interaktion mit fast allen digitalen Geräten von Smartphones über Navigationssysteme bis smarte Kühlschränke. Außerdem war das Textverarbeitungsprogramm MacWrite für die damalige Zeit revolutionär, denn zum ersten Mal konnten Menschen Texte so formatieren, wie sie sie am Bildschirm sahen. Aber auch der Papierkorb oder das Prinzip von Drag-and-Drop hielt auf dem Mac 1984 erstmals Einzug.
Die Köpfe hinter Apple und dem Mac: Steve Jobs und Steve Wozniak
Die Vision für den Macintosh begann selbstredend mehrere Jahre zuvor und ist untrennbar mit dem Namen Steve Jobs (1955-2011) verbunden. 1981 übernahm er die Leitung des Macintosh-Projekts bei Apple mit einer klaren Vorstellung: einen benutzerfreundlichen Computer zu schaffen, der auch von Menschen ohne technischen Hintergrund einfach bedient werden konnte. Gemeinsam mit einem Team heute berühmter Ingenieure und Designer, darunter Steve Wozniak (74), Andy Hertzfeld (70), Bill Atkinson (72) und Jef Raskin (1943-2005), setzte Jobs diese Idee federführend um.
Der Schlüssel zur möglichst einfachen Bedienbarkeit war die Maus als primäres Steuerelement. Dass Microsoft nur wenig später ebenfalls ein Betriebssystem mit Maus vorstellen sollte, war kein Zufall. Jobs warf Microsoft-Chef Bill Gates (68) vor, seine Idee gestohlen zu haben und es gab viele Jahre Streit um ihren Ursprung, gerade unter Anhängern der einen oder anderen Marke. Tatsächlich schauten sich sowohl Apple als auch Microsoft die Idee vom Unternehmen Xerox ab, das ebenfalls im Silicon Valley ansässig war und sich das praktische Interface mit der Maus zur Steuerung seiner Laserdrucker einfallen ließ.
So schuf Apple aus einer bis heute wegweisenden Mischung eigener und externer Software- und Designideen bis 1984 den Macintosh und wurde damit für einige Jahre zum Taktgeber der frühen digitalen Revolution. Bis heute ist dieser visionäre Anspruch eng mit der Identität des Konzerns verknüpft und wurde zuletzt bei der Einführung des ersten iPhone 2007 deutlich. Ob es ohne die Vorgeschichte des Macintosh so weit gekommen wäre, darf bezweifelt werden.