Knapp 25.000 Reifen schlummern am Meeresgrund des Mittelmeers. Diesen alles andere als wertvollen Schatz möchte die Französische Agentur für Biodiversität (FAB) bis 2020 bergen. Ein Erbe der 80er und 90er Jahre, als eine Gruppe Wissenschaftler so versuchte, ein künstliches Riff herzustellen.
Ein Umweltdesaster
Fischer und Behörden unterstützen damals die Idee der „großen Reifenbarriere“. 40 Jahre später sind die Beteiligen desillusioniert. „Wir hofften (in den 80er Jahren), dass wir so das Leben im Wasser wiederherstellen können, doch das hat nicht funktioniert“, bedauert Eric Duplay vom Rathaus Antibes in Südfrankreich. „Die Barriere aus Reifen hat sich nicht als passender Ort für die Lebewesen herausgestellt.“
„Kein Tier hat sich daran gewöhnen können“, bestätigt Denis Genovese, ein Vertreter der örtlichen Fischer. Doch es war nicht nur ein einfaches Scheitern: Die Initiative ist zur Gefahr für die Umwelt geworden. Eine Studie aus dem Jahr 2005 zeigt, dass die Reifen aus mehreren Giften bestehen - vor allem Schwermetallen - und diese sich im Wasser zersetzen.
Doch die Schwermetalle sind nicht das einzige Problem: Die Reifen zersetzen sich nach und nach und schwimmen dann als Mikropartikel im Meer. Die Reste können also nur schwer herausgefischt werden. 2015 konnten 2.500 Reifen geworden werden. 2018 waren es 10.000. Für 2019 bleiben also noch 12.500 Reifen.
Nach der Bergung werden die Reifen recycelt, die Materialien sollen für Bauprojekte verwendet werden.
Und ein wirtschaftliches Versagen
Das Vorhaben war aber nicht nur eine Katastrophe für die Umwelt, sondern auch ein enormer, wirtschaftlicher Verlust: Eine Million Euro zahlte die Französische Agentur für Biodiversität dafür, 200.000 Euro kamen vom Reifenhersteller Michelin.
Leider ist das künstliche Riff aus Reifen nur die Spitze des Eisbergs: In Frankreich geht man insgesamt von 90.000 Kubikmetern künstlichen Riffs aus, das aus unterschiedlichen Materialien besteht, die mehr oder weniger gefährlich für die Umwelt sind. In Japan ist die Lage noch schlimmer: Dort sind es über 20 Millionen Kubikmeter!
„Nach dieser Aktion lassen wir den Meeresgrund in Frieden, damit er sich natürlich erholen kann. Wir überwachen das Ganze“, erklärt Patrice Francour, Wissenschaftler an der Universität Nizza. Er glaubt, dass das Scheitern auch eine Warnung für andere Länder sein könnte, etwa die USA, wo man auf ähnliche Art und Weise versucht hat, künstliche Riffe zu erstellen. Dort erwies sich auch eine andere Idee von Wissenschaftlern als Fiasko: Schwarze Bälle sollten einen See vor dem Austrocknen bewahren. Die Bilanz des Projekts ist verheerend.