Asperger ist eine milde Form des Autismus. Auch Greta Thunberg ist davon betroffen. Für die 16-jährige Schwedin ist das Syndrom keineswegs bloß ein Handicap. Im Kampf gegen den Klimawandel ist das Asperger-Syndrom vielleicht sogar ihre größte Stärke.
Gnadenlose Ehrlichkeit
Das Asperger-Syndrom hat eine Besonderheit: Es zwingt zu einer gnadenlosen Ehrlichkeit. Diese Ehrlichkeit lässt Greta Thunberg so überzeugend argumentieren und wirken.
Auf der anderen Seite fällt es Menschen mit Autismus schwer, zwischenmenschliche Regeln richtig zu interpretieren. In ungewohnten sozialen Situationen sind Betroffene schnell überfordert.
Menschen mit Asperger, wie Greta Thunberg, sind oftmals gnadenlos ehrlich, doch gerade das stellt sie vor Schwierigkeiten im sozialen Umgang mit anderen. Das, und die Unfähigkeit soziale Regeln zu dekodieren, isoliert viele Menschen mit Autismus, gerade Teenager, die normalerweise besonders viel Gewicht auf die Meinung ihrer Freunde legen und unbedingt dazugehören wollen.
Meinung ohne Abstriche
Greta Thunberg engagiert sich nicht fürs Klima, weil das gerade "in" ist, sondern weil es ihr ein echtes Anliegen ist. Auch das ist ein Merkmal von Autismus: Die Betroffenen spezialisieren sich oft auf gewisse Gebiete. Das verschafft ihnen Sicherheit. In ihren Spezialgebieten können sie dann sogar besonders brillant sein.
Das sichere und überzeugte Auftreten von Greta Thunberg hat mit den "Fridays for Future" eine gigantische weltweite Bewegung in Gang gesetzt. Auf der anderen Seite verschafft es ihr nicht nur Freunde: Dieter Bohlen und Mario Barth kritisierten sie und ihre Bewegung unlängst – und auch ein Donald Trump macht aus seiner Antipathie keinen Hehl, wenn er nach dem Uno-Gipfel im September 2019 die emotionale Rede von Greta Thunberg sarkastisch kommentiert:
Sie wirkt wie ein junges, glückliches Mädchen, das in eine strahlende, wundervolle Zukunft Blick. Einfach schön zu sehen!
Autisten sind unbeirrbar
In einer Studie hat die britische Neurowissenschafterin Kristine Krug zusammen mit ihren Kollegen im Experiment untersucht, wie beeinflussbar autistische Kinder im Vergleich zu anderen Kindern sind.
Krug ließ 125 Kinder ohne Autismus und 30 Kinder mit Autismus ein Computerspiel spielen, bei dem sie ein Raumschiff um schwarze Löcher herum navigieren mussten. Währenddessen bekamen sie Ratschläge von Erwachsenen oder Gleichaltrigen, sie sollten mehr nach rechts oder links steuern.
Das Ergebnis: Die kleineren autistischen Kinder ließen sich dabei noch leicht von den (falschen) Ratschlägen beeinflussen, aber im Alter von 12 bis 14 war dies kaum noch der Fall. Autisten vertreten ihre eigene Meinung mit Überzeugung und tun das, was sie für richtig halten.
Außergewöhnliche Persönlichkeiten
Die Ergebnisse dieser Studie decken sich mit früheren Befunden, nach denen Autisten soziale Informationen weniger wichtig nehmen. Dazu passt auch, dass Autisten oftmals weniger Wert auf ihr Äußeres legen und weniger empfänglich für Schmeicheleien sind.
Autisten sind hartnäckige Menschen, die oft zu außergewöhnlichen Persönlichkeiten werden, wie aktuell eben Greta Thunberg. Vielleicht ist es an der Zeit, dass ein ganz besonderer Mensch wie diese junge Schwedin der Menschheit in Sachen Klimawandel die Augen öffnet. Und ganz nebenbei auch in Sachen Autismus.