Der Amazonas ist die letzten Wochen in das Blickfeld vieler Menschen geraten. Grund dafür sind die zerstörerischen Brände, die die grüne Lunge unserer Erde zerstören, und das Ausmaß an CO, das dadurch in die Atmosphäre gelangt.
Archäologische Schätze im Amazonas
Doch liegen unter dem Baumkronendach des Amazonas-Regenwalds ungeahnte archäologische Schätze verborgen. Wissenschaftler haben die Ruinen von Dörfern, antiken Objekten und auch von Befestigungsanlagen gefunden, die mindestens 500 Jahre alt sind und vom Leben von über einer Million Bewohnern erzählen. Dies zeigt eine Studie, die in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurde. Diese genauso herausragende wie unerwartete Entdeckung stellt die Theorien über das Amazonasbecken auf den Kopf.
Die Archäologen der Universität von Exeter in Großbritannien haben Satellitenbilder von der Region des Tapajòs-Beckens ausgewertet, eines Flusses in Brasiliens, der als einer der größten Zuflüsse des Amazonas gilt. Auf diesen Bildern haben die Experten nicht weniger als 81 archäologische Stätten ausgemacht, in der seltsame Formen auf den Boden gezeichnet waren: Geoglyphen.
Diese mysteriösen Formen, die rund, quadratisch oder achteckig sind, können noch nicht wissenschaftlich erklärt werden. Niemand weiß, warum die antiken Völker diese Motive auf den Boden der Gebiete zeichneten, die sie bewohnten. Außerhalb des untersuchten Gebiets befinden sich laut Schätzungen der Archäologen um die 1.300 weitere Geoglyphen auf einer Fläche von 400.000 Quadratkilometern im Amazonasbecken.
Landwirtschaft und Religion
Manche dieser Zeichen könnten infolge von landwirtschaftlichen Tätigkeiten entstanden sein. Insbesondere die Vorbereitung des Bodens für den Anbau von Pflanzen wie Walnussbäumen könnte für sie verantwortlich sein. Laut den Experten könnten die geometrischsten Formen bei rituellen religiösen Zeremonien erstellt worden sein. Sie sind der Beweis dafür, dass das Gebiet von einer großen Bevölkerung besiedelt war.
Die ehemaligen Bewohner der Region haben aber auch zahlreiche andere Spuren hinterlassen. Bei Grabungen an 24 archäologischen Stätten haben Experten Keramikscherben, polierte und geschliffene Steine für Äxte sowie Haushaltsabfälle ausfindig gemacht. Ihre Datierung hat es ermöglicht, herauszufinden, dass die Besiedelung zwischen 1250 und 1500 n. Chr. stattgefunden hat.
Die gefundenen Dörfer sind sehr unterschiedlich groß. Die kleinsten haben nur einen Durchmesser von 30 Metern, die größten umfassen hingegen bis zu 400 Meter. Eine unglaubliche Entdeckung für die Archäologen, die bislang dachten, das Tapajòs-Becken wäre vor der Ankunft von Kolumbus weitgehend unbesiedelt gewesen. Nun wissen wir, dass in diesem Zeitraum das menschliche Leben in der Region blühte.
Amazonasbecken einst dicht besiedelt
Eine sehr verbreitete, aber falsche Meinung über das Amazonasbecken ist, dass es sich dabei um eine unberührte Landschaft handelt, in der früher verstreute, nomadische Gemeinschaften lebten. Das ist nicht der Fall. Wir haben herausgefunden, dass die Bevölkerung in einiger Entfernung von den großen Flüssen deutlich dichter war als zuvor angenommen, und diese Menschen hatten Auswirkungen auf die Umwelt, die wir bisher noch nicht überschauen können.
Dies führt der Archäologe Jonas Gregorio de Souza, eines der Mitglieder des wissenschaftlichen Teams, aus. Anhand der Verteilung und der Größe der entdeckten Geoglyphen schätzen die Wissenschaftler, dass die Gesamtbevölkerung bis zu eine Million Bewohner umfasste. Das ist eine Zahl, die mit manchen Großstädten in der heutigen Zeit mithalten kann, aber damals verteilten sich die Bewohner auf ein Gebiet von 1800 Kilometern am südlichen Rand des Regenwaldes.
Auch wenn diese Schätzung für den Moment noch hypothetisch ist, könnte sie der Beweis dafür sein, dass das Amazonasbecken vor der Ankunft von Christopher Kolumbus eine deutlich reichere und vielfältigere Region war als bisher angenommen. Nun muss ein großer Teil der Geschichte des Amazonasbeckens neu geschrieben werden.