Normalerweise sind es die Menschen, die darauf aus sind, besonders spannende Fotos zu schießen, wie beispielsweise Bilder von diesem äußerst seltenen Vogel. Wenn es jedoch Vögel sind, die zu Fotografen werden, schüttelt man erstmals nur den Kopf. Aber lasst uns von ganz vorne beginnen!
Taube verschwindet
Die Geschichte beginnt in Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Im Jahr 1903 benutzt Dr. Julius Neubronner, Apotheker und leidenschaftlicher Fotograf, Brieftauben, um Medikamente schnell in ein Sanatorium in der Nähe seines Zuhauses in Kronberg zu liefern.
Aber 1907 verschwindet eine dieser Tauben für vier Wochen, bevor sie in den Taubenschlag zurückkehrt, als wäre nichts passiert. Neubronner fragt sich daraufhin, was seine Taube in der Zwischenzeit erlebt und getan hat. Dann entwickelt er eine revolutionäre Idee, um die Reiseroute seiner Schützlinge nachvollziehen zu können: Er befestigt eine Kamera am Vogel, die im Flug Fotos schießt.
Außergewöhnliche Fotos
Die kleine Kamera mit einem Gewicht von 75 Gramm (würde man das Gewicht auf einen Menschen umrechnen, entspräche es in etwa einem 10 Kilogramm schweren Rucksack) wird am Bauch des Tieres angebracht. Zuvor hat der Arzt die Konstruktion zahlreichen Tests und Anpassungen unterzogen, bevor sie ihre ersten erfolgreichen Luftaufnahmen macht.
Die Bilder sind für die damalige Zeit außergewöhnlich. Auch wenn wir von den Bildern der heutigen Drohnen beeindruckt sind, sollten wir uns darüber bewusst sein, dass Luftbilder damals sehr selten gewesen sind und meist mit Ballons oder Drachen aufgenommen wurden, aber noch nie zuvor konnte man Bilder sehen, die quasi von Vögeln geschossen wurden.
Eine besonders berühmte Fotografie ist die des Kronberger Schlosshotels, die neben dem herrlichen Panorama auch die Flügelspitzen der Tauben am Bildrand zeigt. Das Foto ist eine wunderschöne Luftaufnahme, die von den Flügelspitzen erst so richtig in Szene gesetzt wird.
Spionagetauben während des Ersten Weltkriegs
Dieses neue Verfahren weckt kurze Zeit später das Interesse der Armee, die während des Ersten Weltkriegs mithilfe von Tauben fotografiert, um die Gegner auszuspionieren. Das Verfahren wird jedoch allmählich zugunsten der Luftfahrt aufgegeben, und Tauben werden während des Ersten und Zweiten Weltkriegs vorzugsweise als Übermittler von Botschaften denn als Fotografen eingesetzt.