Seit Mitte September kursiert ein merkwürdiges Gerücht in den sozialen Netzwerken: Wissenschaftler sollen Spuren von Leben auf dem Planet Venus gefunden haben. Die Internetnutzer sind in Aufruhr und einige Medien schließen sich ihnen an. Die offizielle Meldung wurde kurz zuvor veröffentlicht und ist nicht ganz so vielversprechend.
Was wurde wirklich entdeckt?
Die in der Fachzeitschrift Nature Astronomy veröffentlichte Studie klingt durchaus interessant. Ein amerikanisch-britisches Wissenschaftlerteam behauptet, Spuren von Phosphin in der Atmosphäre der Venus entdeckt zu haben. Die Wissenschaftler erklären:
Wir haben deutliche Spuren des Gases Phosphin (PH 3) in der Atmosphäre der Venus entdeckt, wo jede Art von Phosphor in oxidiertem Zustand sein sollte.
Bei Phosphin (PH 3) handelt es sich um eine anorganische Verbindung aus Phosphor und Wasserstoff in Gasform. Es wird vor allem als Pestizid für vorratslagernde Lebensmittel eingesetzt. In Deutschland ist es in der ökologischen Landwirtschaft jedoch verboten.
Warum ist dies ein Beweis für Leben?
Auf der Erde wurde Phosphin zunächst nur in Laboratorien hergestellt, bis man viel später herausfand, dass es auch auf natürliche Weise von Bakterien produziert werden kann. Vor allem in feuchten Gebieten wie Sümpfen findet man vermehrt Spuren des natürlichen Phosphins.
Kurzum, das Phosphin, das kürzlich auf der Venus entdeckt wurde, wurde nicht von Menschenhand hergestellt, sondern von Bakterien. Daraus schließen manche, dass es auf der Venus Bakterien und somit Leben gibt. Eine sehr einfache und auch etwas riskante Schlussfolgerung.
Die Wissenschaftler bleiben zurückhaltend
Auch wenn diese Vermutung sehr verlockend klingt, wird sie von den Wissenschaftlern der Studie klar vermieden. Mehrmals betonen sie in dem Artikel, dass der Ursprung des Phosphins unklar und somit nicht klar ist, ob es von Bakterien produziert wurde.
Selbst wenn es nachgewiesen ist, weisen wir daraufhin, dass die Erfassung von PH 3 kein stichfester Beweis für Leben ist, sondern lediglich für eine anormale und unerklärte Chemie. In Bezug auf die Idee von Leben auf der Venus gibt es einige bedeutende Probleme, denn die Atmosphäre der Venus ist extrem dehydrierend und übersäuert.
Kritik am Forschungsteam
Während selbst die Autoren der Studie noch vorsichtig bleiben, sieht die Wissenschaftsgemeinschaft die Angelegenheit deutlich kritischer. Manche Experten zweifeln sogar an, dass tatsächlich Phosphin nachgewiesen wurde. Obwohl die beiden verwendeten Teleskope unabhängig voneinander Wellen von PH 3 gemessen haben, reicht dies vielen nicht als Beweis. Die Fachzeitschrift Science weigert sich sogar, diese Messungen zu veröffentlichen.
Dem Figaro zufolge haben manche Experten sogar Zweifel an der Legitimität der Autoren der Studie geäußert, da sie bereits für ihre kontroversen Entdeckungen bekannt sind, die im Anschluss nie bestätigt werden konnten, wie zum Beispiel Methanol in der Atmosphäre einer der Saturnmonde oder Kohlenmonoxyd auf dem Pluto. Bleibt abzuwarten, ob das Forschungsteam diesmal Recht behalten wird.