Wenn man von der Urgeschichte spricht, denkt man an die Entwicklungen, die den heutigen Menschen dank der Evolution hervorgebracht haben. Aber kann man sich vorstellen, dass zwei Arten von Menschen in ein und derselben Höhle in Frankreich zusammenlebten? Die New York Times berichtet, dass die Mandrin-Höhle im Département Drôme (Südfrankreich) sowohl Sapiens als auch Neandertaler beherbergte.
Plausible Koexistenz
Unsere Vorfahren sollen also eine Spezies gekannt haben, die sich von uns unterscheidet: Neandertaler. Das Interesse an diesem neuen Umstand liegt nicht in einer größeren Leistung des einen oder des anderen, sondern in ihrer Unterschiedlichkeit. Wenn sie im selben Gebiet gelebt haben, ergeben sich daraus neue Fragen des Zusammenlebens.
Der moderne Mensch Homo Sapiens befand sich im selben Gebiet wie der Neandertaler, also viel früher als bisher angenommen. Bisherige Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der Neandertaler vor etwa 40 000 Jahren aus Europa verschwand, kurz bevor der Homo Sapiens auftauchte. Bis dahin waren sie historisch getrennt, da zwischen ihrem Auftreten in der Geschichte 5.000 Jahre lagen.
Die Entdeckung erscheint unglaublich, da sich die Daten seit 1990 ständig weiterentwickelt haben. Ein Team von Archäolog:innen- und Paläontolog:innen aus Frankreich fand heraus, dass Homo Sapiens vor 54.000 Jahren in Westeuropa lebte. Die Mandrin-Höhle (auf fr. "Grotte Mandrin") enthüllt somit die abwechselnde Besiedlung von Sapiens und Neandertalern.
Unwiderlegbare materielle Beweise
Ludovic Slimak, der für die Ausgrabungen verantwortlich ist, ist erstaunt über die fast unberührte Umgebung rund um diesen Fund: "Alles ist extrem gut erhalten in sehr regelmäßigen Sandablagerungen".
Klingen, millimetergenau geschliffene Feuersteine: Alles deutet auf die Anwesenheit der beiden Spezies in dieser Höhle hin. Ein sehr kleiner Milchzahn schließlich setzt dem Fund die Krone auf: Er gehört definitiv zu Homo Sapiens.
Darüber hinaus ist die Enthüllung, dass die beiden Populationen nebeneinander existierten, bewiesen. Einer der Forschenden der Ausgrabung, Chris Stringer, glaubt, dass Neandertaler Homo Sapiens zu den besten verfügbaren Feuersteinquellen geführt hätten. Das würde erklären, "warum wir die einzige verbliebene menschliche Spezies geworden sind", erklärt er in einer Pressemitteilung.