Mitten im Indischen Ozean ist es zu einer bedeutenden Entdeckung gekommen. Eine am 17. Dezember 2020 in der Zeitschrift Endangered Species Research vorgelegte Studie berichtet davon: Eine neue Blauwalpopulation ist dank ihres Gesanges identifiziert worden. Allgemein sind Aufnahmen des größten Säugetiers der Welt sehr selten. Doch die neuen Aufzeichnungen, die vor der Küste Omans, im Chagos-Archipel und vor Madagaskar erfolgten, sind besonders bahnbrechend.
Der Blues der Wale
Dies stellt eine unglaubliche Errungenschaft dar. So kennt man heute nur etwa 12 verschiedene Gesänge dieser Spezies, wie auch in der New York Times zu lesen ist. In einem Interview mit der amerikanischen Zeitung lässt sich Salvatore Cerchio, federführender Autor der Studie, zu einem gewagten Vergleich verleiten. Er beschreibt die Wal-Gesänge wie folgt:
Es ist, als ob man verschiedene Lieder einer selben Musikrichtung hört, beispielsweise eines von Stevie Ray Vaughan und eines von B. B. King. (...) Immer handelt es sich dabei um Blues, man erkennt aber unterschiedliche Stile.
Orte in tausenden Kilometern von Entfernung
Salvatore Cerchio und seine Kollegen haben den Gesang dieser neuen Blauwalpopulation zum ersten Mal vor mehreren Jahren vernommen. Damals sind sie auf der Suche einer Gruppe von Omurawalen vor der Küste Madagaskars gewesen. Sich der Einzigartigkeit ihrer Aufnahme bewusst werdend, lassen sie ihr Hydrophon dann über längere Zeit vor Ort.
Wie der Name es schon vermuten lässt, dient ein Hydrophon zur Aufnahme von Unterwassergeräuschen. Im Jahr 2018 verfügt die Forschergruppe dann über mehrere Aufzeichnungen. Mithilfe dieser verortet sie dann den Ursprung der Gesänge im Arabischen Meer bzw. vor der Küste Madagaskars.
Aufnahmen vom anderen Ende der Welt
Im selben Jahr versichern allerdings australische Forscher Cerchio gegenüber, dass sie dieselben Gesänge auch mitten im Indischen Ozean gehört haben, in der Nähe des Chagos-Archipels. Die Daten stammen also aus drei verschiedenen Gegenden, die voneinander mehrere hundert bzw. mehrere tausend Kilometer entfernt sind.
Diese Aufzeichnungen sind grundlegend, um sich ein Bild von dieser neuen Blauwalpopulation zu machen, die im Nordwesten des Indischen Ozeans, und vielleicht auch darüber hinaus, weite Strecken zurücklegt.
Eine neue Unterart?
Die Forscher sehen mittlerweile keinen Grund mehr zu glauben, dass diese Gesänge von anderen Walarten stammen könnten. Sie bewerten die ihnen vorlegenden Hinweise als derart "überzeugend", dass sie hieraus auf die Existenz einer bislang unbekannten Population von Blauwalen schließen. Allein genetische Analysen, die jedoch schwer durchzuführen sind, könnten diese Annahme endgültig bestätigen.
Das neuartige Verhalten dieser Population könnte vielleicht die wissenschaftliche Registrierung einer neuen Unterart von Blauwalen nach sich ziehen. Dies deutet die Meeresbiologin Asha de Vos aus Sri Lanka an, die selbst nicht an der Untersuchung teilgenommen hat. Sie erklärt der New York Times:
Wenn zwei Populationen nicht miteinander sprechen können, entwickeln sie sich, über längere Zeitspannen hinweg, auseinander.
Asha de Vos zieht daraus folgenden Schluss:
Diese Beobachtungen führen uns vor Augen, dass es verschiedene Populationen gibt, die sich jeweils verschieden an ihr Umfeld angepasst und vielleicht auch voneinander verschiedene Bedürfnisse haben.
Mehr hierzu findest du außerdem in unserem Video.