Würdet ihr gerne wissen, an welchem Tag ihr sterben werdet? Google versucht es bereits seit einiger Zeit mit GoogleBrain. Forschern bei Geisinger, einem Gesundheitsdienstleister in Pennsylvania (USA), gelingt es, vorherzusagen, welche Patienten im Laufe des darauffolgenden Jahres sterben könnten. Sie haben dafür eine künstliche Intelligenz (KI) entwickelt, die Anzeichen möglicher Herzprobleme in der Zukunft entdeckt, wie etwa Herzinfarkte oder Vorhofflimmern.
Die Maschine analysiert die Ergebnisse von 1,77 Millionen Elektrokardiogrammen (EKGs), also Aufnahmen der Herzaktivität von etwa 400.000 Patienten. Es gibt zwei Versionen der KI. Die erste Version analysiert die Rohdaten, die andere außerdem das Alter und Geschlecht der Patienten. Die Ergebnisse der Studie, die im New Scientist zu finden sind, werden am 16. November beim Kongress der American Heart Association in Dallas (USA) präsentiert.
Menschen können es nicht sehen
Für die Studie werden die Vorhersagen der KI gründlich überprüft, und zwar mittels AUC (Fläche unter der Kurve). Damit wird die Leistung eines Modells, das zwischen zwei Personengruppen unterscheidet, gemessen. In diesem Fall ging es zum einen um die verstorbenen Personen, zum anderen um die überlebenden. Ein Ergebnis von 0,5 bedeutet, dass es keine Korrelation zwischen den Gruppen gibt, ein Ergebnis von 1 ist perfekt. Die Autoren der Studie berichten, dass die Technologie konsequent ein Ergebnis über 0,85 erzielt, während die Ärzte nur auf 0,65 bis 0,8 kommen.
Demnach funktioniert das KI-Modell besser als die bestehenden Methoden zum Erkennen potentieller Todesfälle. Das Programm entdeckt Herzprobleme selbst bei den Patienten, die bereits von Kardiologen untersucht wurden. Die drei Ärzte betrachten getrennt voneinander "normal" aussehende EKGs und können keine Risikoprofile ausmachen, die Maschine aber schon. Der Hauptautor der Studie, Brandon Fornwalt, erklärt im Gespräch mit New Scientist:
Diese Entdeckung legt nahe, dass das Modell Elemente erkennt, die Menschen wahrscheinlich nicht sehen können oder die wir zumindest nicht kennen und von denen wir glauben, dass sie normal sind. Die künstliche Intelligenz kann uns Dinge beibringen, die wir vielleicht bereits seit Jahrzehnten falsch interpretieren.
Eine noch etwas undurchsichtige Funktionsweise
Die Forscher wissen aber immer noch nicht, welche Schemata die KI eigentlich entdeckt, weshalb sie Schwierigkeiten dabei haben, ihre Funktionsweise zu erklären. Dieses mangelnde Wissen beunruhigt die Mediziner, die keine Entscheidungen auf der Grundlage eines nicht verstandenen Algorithmus treffen können.
Diese Studie ist nicht der erste Versuch, den Tod vorherzusagen. Im letzten Jahr entwickeln Forscher von Google ein Prognosemodell, das elektronische Gesundheitsakten verwendet, um die Behandlungsdauer von Patienten im Krankenhaus, den Entlassungszeitpunkt und den Zeitpunkt des Todes vorauszusagen. Andere KIs werden entwickelt, um Herzerkrankungen und Lungenkrebs zu diagnostizieren. Auch hier sind die Maschinen in ihren Prognosen manchmal genauer als die menschlichen Ärzte.