Auch wenn Spinnen noch so furchterregend auf manche Menschen wirken, und ein Spinnenbiss bei manchen ganz verrückte Nebenwirkungen hat, ganz abgesehen von Spiderman, für die Natur wichtige und gleichzeitig beeindruckende Lebewesen sind sie allemal. Sieht man sich ihre Fähigkeiten an, einen Urlaubsstrand mit einem riesigen Spinnennetz zu überziehen, kann man nicht anders als staunen.
Zudem gilt Spinnenseide als eines der solidesten natürlichen Materialien der Welt überhaupt. Der Faden einer Spinne soll bis zu fünfmal stärker sein als ein Stahlseil desselben Gewichts. Wie ist das möglich? Wie kommt es zu dieser unglaublichen Reißfestigkeit und Belastbarkeit? Hannes Schniepp und sein Forscherteam haben die Seide der braunen Einsiedlerspinne oder Loxosceles reclusa mit einem Rasterkraftmikroskop untersucht und das Geheimnis gelüftet.
Ein natürliches Seil
"Wir haben erwartet, dass Spinnenseide aus einem zylindrischen Faden besteht", erklärt Dr. Schniepp. "Doch dann haben wir herausgefunden, dass es sich vielmehr um eine Art winziges Seil handelt." Mit Hilfe eines Atomkraftmikroskops konnte festgestellt werden, dass der Faden dieser Spinne aus winzigen Mikroschleifen besteht und die Struktur eines Seils aufweist. Die Ergebnisse dieser Studie, die schon auf 2017 gemachten Beobachtungen beruhen, sind in der Fachzeitschrift ACS Macro Letters nachzulesen.
Es hat sich herausgestellt, dass jeder Faden au seiner Vielzahl von Nanosträngen besteht. Ein jeder dieser aus Proteinen bestehender Nanostränge hat einen Durchmesser von weniger als einem Millionstel Zentimeter. (Hannes Schniepp)
Jeder Seidenfaden der braunen Einsiedlerspinne besteht aus nicht weniger als 2.500 solcher parallel zueinander angeordneten Nanosträngen, die zusammen eine Art Band (und nicht etwa einen zylindrischen Faden) formen, das mehrere tausend Mal dünner ist als ein menschliches Haar.
Von Spinnseide zu synthetischer Seide
Modelle, die versucht haben, die Struktur eines Spinnfadens angesichts seiner unglaublichen Reißfestigkeit zu erklären, hat es schon viele gegeben. Doch nach Dr. Schniepp, ist die jetzt von der neuen Studie beschriebene Struktur, die wohl überzeugendste, einfachste und eleganteste bisher in Betracht gezogene Lösung.
Wir sind der Meinung, dass das Geheimnis der Spinnseide der braunen Einsiedlerspinne und ihrer Solidität hauptsächlich auf den einzelnen Nanosträngen beruht.
Mohan Srinivasarao hebt hervor, dass die Herstellung künstlicher Spinnenseide schon seit Jahren ein Anliegen zahlreicher Wissenschaftler ist, die sich aus diesem Grund mit den natürlichen Herstellungsweisen der Spinnen beschäftigen.
Vom Verständnis der Eigenschaften der Spinnseide der braunen Einsiedlerspinne versprechen wir uns nicht nur eine bessere Kenntnis eines der solidesten Materialien der Natur, sondern auch Grundlagen zur Herstellung anderer synthetischer Materialien.