Warum haben manche Personen, die sich mit dem Coronavirus anstecken, einen schwereren Krankheitsverlauf als andere? Dieser Frage will ein Forscher-Team nun auf den Grund gehen.
Dazu haben sich Forscher des Inserm-Instituts, der Universität von Paris, des Pariser Krankenanstaltenverbunds AP-HP, der Rockefeller-Universität und des Howard Hughes Medical Institute in New York mit dem Zentrum für Immunologie und ansteckende Krankheiten (Universität Sorbonne/Inserm/CNRS) zusammengeschlossen.
In zwei Studien, die sie in der Zeitschrift Science veröffentlichen, kommt heraus, dass 15 Prozent der schweren Krankheitsverläufe durch zwei genetische und immunologische Besonderheiten bewirkt werden.
Covid-19: Früherkennung von Risikopatienten
Die Autoren der Studie beschäftigen sich mit den Typ-1-Interferonen – dabei handelt es sich um wichtige antivirale Moleküle. Sie kommen auf diese Idee, da vergangene Studien, die ebenfalls in Scienceerscheinen, eine Gemeinsamkeit aufdecken, die bei Patienten mit schweren Covid-19-Verläufen auftritt: Sie haben einen Mangel an Interferonen.
In der ersten Studie der Forscher wird festgestellt, dass drei bis vier Prozent der Patienten, die schwer an Covid-19 erkranken, genetische Besonderheiten haben, die die Produktion dieser Typ-1-Interferonen verringern. 13 Gene, die die Immunantwort kontrollieren, sind bei ihnen mutiert:
Unabhängig von ihrem Alter ist bei Personen mit diesen Mutationen die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie einen schweren Grippe- oder Covid-19-Verlauf haben.
Und das ist noch nicht alles: In ihrer zweiten Studie beschreiben die Forscher, dass bei zehn bis elf Prozent der Patienten mit schweren Covid-19-Verläufen Autoimmunerkrankungen die Aktivität der Typ-1-Interferonen hemmen.
Bei diesen Erkrankungen gibt es einen besonders hohen Anteil an Antikörpern, die gegen diese körpereigenen Typ-1-Interferonen vorgehen – es handelt sich also um Autoantikörper. Diese Besonderheit betrifft mehr Männer als Frauen.
"Diese Erkenntnisse erklären zusammen 15 Prozent der schweren Covid-19-Verläufe", so eine Pressemitteilung des Inserm-Instituts. Diese Informationen könnten es nun ermöglichen, dass Patienten, die schwer an Covid-19 erkranken könnten, durch eine Analyse ihres Genoms oder ihrer Antikörper bereits früh erkannt und dementsprechend behandelt werden.
Covid-19: Hinweise für die Behandlung schwerer Fälle
Die Forscher geben schließlich auch Empfehlungen für die Behandlung dieser Patienten ab. Bei Personen mit der genetischen Besonderheit sollten frühzeitig Interferone verabreicht werden: "Diese Medikamente gibt es seit 30 Jahren. Sie haben keine nennenswerten Nebenwirkungen, wenn sie für kurze Zeit eingenommen werden", so die Wissenschaftler.
Und was ist mit den Patienten mit den Autoantikörpern? Laut den Forschern könnte diesen Personen "mit einer Plasmapherese geholfen werden (also eine Entnahme von Blutplasma, das weiße Blutkörperchen und Antikörper enthält), oder auch mit anderen Behandlungsmethoden, bei denen die Produktion dieser Antikörper durch B-Lymphozyten reduziert werden kann".