Die Geschichte der Moai auf der Osterinsel (oder Rapa Nui), die zu Chile gehört, ist äußerst rätselhaft. Diese fast 1.000 Statuen, die in Reih und Glied mit dem Rücken zum Meer aufgestellt sind und ihren Blick auf eine leere Landschaft richten, faszinieren immer noch die Forscher und bergen viele Geheimnisse.
Zahlreiche Theorien
Sie wissen bereits, dass diese imposanten Steinfiguren auf "Ahus" stehen, also auf zeremoniellen Podesten, die von den ursprünglichen Bewohnern der Insel erbaut werden, den Rapa Nui oder "Matamua" (also "die Ersten") auf Maori.
Doch das polynesische Volk, das diese Figuren erreichtet, nimmt das Geheimnis hinter ihrer Symbolik bei seinem Untergang mit ins Grab. Von Forschern wird die These aufgestellt, dass es sich um Markierungen von Süßwasserstellen handelt. Zahlreiche Theorien ranken sich um diese riesigen Standbilder. Eine internationale Studie, die im Journal of Archaeological Science erscheint, hat neue Antworten zu bieten.
Ein Steinbruch mit fruchtbarem Boden
Die Studie fördert zutage, dass mehr als 95 Prozent der Statuen aus einem Steinbruch namens Rano Raraku stammen, einem Vulkankrater. Dieser Krater nimmt weniger als ein Prozent der Gesamtoberfläche der Osterinsel ein, dient aber als einzige Quelle für die Herstellung dieser durchschnittlich 13,78 Tonnen schweren Objekte. Mithilfe von Bodenproben, die sie diesem Ort entnehmen, entdecken die Wissenschaftler, dass Rano Raraku weit mehr als nur Fels enthält.
"Als wir die Ergebnisse der chemischen Untersuchungen erhielten, musste ich erst einmal innehalten", erklärt die Geoarchäologin Sarah Sherwood von der Universität Sewanee (USA) auf der Website der Universität von Kalifornien, Los Angeles (UCLA), weiter:
Es gab sehr hohe Werte für Stoffe, die wir dort niemals vermutet hätten, wie etwa Kalzium und Phosphor. Die Chemie des Bodens zeigt, dass dort besonders hohe Konzentrationen von Elementen vorhanden sind, die für das Pflanzenwachstum sowie für hohe Erträge unumgänglich sind.
Beschützer von Kulturen
Früher gehen die Forscher davon aus, dass der Steinbruch nur der Herstellung und vorübergehenden Lagerung der Moai dient, bevor sie an andere Orte der Insel transportiert werden sollen. Doch an die 400 Steinfiguren sind immer noch an ihrem Entstehungsort. Manche sind sogar mithilfe stützender Felsstrukturen tief im Boden eingegraben. Es handelt sich also keineswegs um einen Standort zur Zwischenlagerung.
In den Bodenproben finden die Forscher auch Spuren alter Pflanzenkulturen, etwa von Banane, Taro, Süßkartoffel oder vom Papiermaulbeerbaum. Was bedeuten all diese Zeichen? Es könnte gut sein, dass der Steinbruch für den Bau der Moai verwendet wurde, aber auch für den Anbau der Nutzpflanzen der Bewohner, um die reichhaltigen Böden von Rano Raraku zu nutzen.
Konkrete Beweise
Bereits in der Vergangenheit ziehen die Forscher eine Theorie in Erwägung, wonach die Moai mit Fruchtbarkeitsriten zusammenhängen. Diese neuen Ergebnisse stellen dafür konkrete Beweise dar. Archäologin Jo Anne Van Tilburg von der UCLA erklärt:
Diese Moai (…) sind an diesem Ort geblieben, da der Steinbruch selbst als heiliger Ort gekennzeichnet werden sollte. Sie sind ein Schlüsselelement für das Konzept der Fruchtbarkeit, das den Rapa Nui sehr wichtig ist. Ihre Anwesenheit an diesem Ort fördert das Wachstum von Nutzpflanzen.
Diese monumentalen Statuen werden demnach errichtet, um die angebauten Pflanzen zu bewachen.