Sobald der Sommer beginnt, fangen wir alle an, von einem kühlen Ort zu träumen, an dem wir Schutz vor der brennenden Hitze der Sonne finden würden... Wer gerade keine Klimaanlage zur Hand hat, könnte vielleicht erwägen, in eine Region der Welt zu ziehen, die für ihr extrem kaltes Klima bekannt ist: die Antarktis. Das ist allerdings vielleicht ein bisschen zu extrem. Vor allem, wenn man erfährt, dass die Minimaltemperatur, die dort herrschen kann, -98 °C beträgt! Das haben Wissenschaftler in einer Studie herausgefunden, die in den Geophysical Research Letters veröffentlicht wurde.
Um zu diesem eiskalten Schluss zu gelangen, haben die Forscher Daten analysiert, die mehrere erdumkreisende Satelliten gesammelt haben: Terra und Aqua, zwei Geräte, die von der amerikanischen Raumfahrtbehörde im Rahmen des internationalen Programms Earth Observing System im All platziert wurden, sowie die Operational Environmental Satellites oder POES, ein Netzwerk aus Wettersatelliten, das von der amerikanischen Ozean- und Atmosphärenbehörde (National Oceanic and Atmospheric Administration, NOAA) verwaltet wird.
Ein absoluter Rekord
Dank der Messungen, die durch diese Raumflugkörper zwischen 2004 und 2016 durchgeführt worden sind, konnten die Wissenschaftler genau die Entwicklung der Temperaturen in der Antarktis nachvollziehen, und zwar insbesondere auf dem östlichen Teil des Polarplateaus. Diese Region umfasst den Südpol und befindet sich auf einer durchschnittlichen Höhe von 3.000 Metern.
An dieser Stelle haben die Forscher den unglaublichen Kälterekord von -98 °C gemessen, eine Temperatur, die „nahe dem absoluten Minimum, das erreicht werden kann“ ist, wie die Expertengruppe in ihrer Veröffentlichung erläutert. Er liegt noch deutlich unter dem vorherigen Rekord von -93 °C, der 2013 gemessen wurde. „Ich habe mich noch nie in so einer extremen Kälte aufgehalten und hoffe, das nie zu müssen“, gesteht Ted Scambos von der Universität von Colorado in Bouler, USA, vor USA Today.
„Ich denke mir, dass dort jedes Einatmen schmerzhaft sein muss, und man muss sehr darauf achten, dass dabei nicht ein Teil des Halses oder der Lungen einfriert“, erklärt der Wissenschaftler. Das Risiko, solchen Temperaturen ausgesetzt zu werden, ist allerdings gering. Diese extreme Temperatur ist auf dem Grund von kleinen Tälern im Eis gemessen worden, die ein paar Meter tief sind. Das sind ganz besondere Gegebenheiten, die die Rekordkälte ermöglichen.
Sehr spezifische meteorologische Bedingungen
Damit solche Werte überhaupt erreicht werden können, müssen mehrere meteorologische Bedingungen erfüllt sein: Ein wolkenloser Himmel, schwacher Wind und besonders trockene Luft. So kann der Bereich nicht durch Wasserdampf gewärmt werden, der die Sonnenstrahlen konzentrieren kann, wie Ted Scambos erläutert: „In dieser Region gibt es Zeiträume, in denen die Luft unglaublich trocken wird, was dazu führt, dass die Wärme an der Oberfläche des Schnees einfacher reflektiert werden kann.“
Außerhalb von diesen Ansammlungen von extrem kalter Luft ist die Temperatur etwas höher. Etwas oberhalb des Bodens, in ein paar Dutzend Zentimetern Höhe, liegt der Kälterekord, der von einer Wetterstation auf der Erde aufgezeichnet wurde „nur“ bei -89 °C. Das sind fast 10 °C mehr als in den Eistälern! Trotzdem bleibt dies natürlich eine extrem kalte Temperatur, die im Juli 1983 von Instrumenten der russischen Forschungsstation Vostok in der Antarktis gemessen wurde, welche sich ebenfalls auf dem östlichen Teil des Polarplateaus befindet.
Diese Kälterekorde sind selten und könnten infolge des Klimawandels in Zukunft noch seltener werden, wie die Forscher ankündigen: „Die Strahlenprozesse, die die Rekordtemperaturen an der Oberfläche und in der Luft beeinflussen sowie die Veränderungen in der Zusammensetzung der Atmosphäre führen dazu, dass wir in Zukunft weniger häufig das Auftreten von extrem niedrigen Temperaturen beobachten können werden.“