Man kann zu den größten Genies des 20. Jahrhunderts gehören und trotzdem sehr borniert sein und wenig glanzvolle Gedanken haben. 1921, ein Jahr nach dem Nobelpreis für Physik, begab sich der Wissenschaftler zusammen mit Elsa, seiner damaligen Frau, auf eine große Reise. Dabei führte er ein Tagebuch, in dem er seine Eindrücke aus anderen Ländern niederschrieb, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Diese Schriftstücke sind nun, aus dem Deutschen übersetzt, unter dem Namen The Travel diaries of Albert Einstein: Der Nahe Osten, Palästina und Spanien, 1922-23 beim Princeton University Press-Verlag veröffentlicht worden. Dreiundsechzig Jahre nach seinem Tod entdecken die Leser darin einen Albert Einstein, der keinerlei Hemmungen vor Klischees hat und rassistische Gedanken niederschreibt.
Rassismus in Einsteins Tagebüchern
Wenn man seine Eindrücke von den Völkern liest, die er bei seiner Reise durch den Nahen Osten bis nach Japan notiert hat, fragt man sich, ob diese Worte wirklich vom deutschen Theoretiker stammen. Seine damaligen Ansichten sind durchaus schockierend.
In einem Interview mit der britischen Tageszeitung The Guardian präzisiert Ze'ev Rosenkranz, der Verleger des Werks, dass die persönlichen Eindrücke Albert Einsteins nicht für die Veröffentlichung gedacht waren. „Ich denke, dass ein Großteil seiner Kommentare sehr schlecht aufgenommen werden. Vor allem das, was er über die Chinesen schrieb“. Der Autor der berühmten Formel E=mc² schreibt ganz unverblümt: „Die Chinesen setzen sich nicht auf eine Bank, um zu essen, sondern hocken sich hin, wie die Europäer es tun, wenn sie sich im Wald erleichtern. Das Ganze geschieht ohne zu reden und in langsamem Tempo. Sogar die Kinder sind schwerfällig und langsam.“ Und Einstein fährt mit seinen rassistischen Ansichten zu den Bewohnern des Nahen Ostens fort: „Es wäre schade, wenn die Chinesen andere Rassen verdrängen würden. Für Menschen wie uns ist der alleinige Gedanke daran schon unerträglich.“
Eine Persönlichkeit, die in Widerspruch zu seinem öffentlichen Bild steht
Die Veröffentlichung solcher Ansichten ist besonders schockierend, weil sie überhaupt nicht mit dem Bild, das die Öffentlichkeit vom Physiker hatte, zusammenpassen. Er wurde von der Time 1999 zur „Persönlichkeit des Jahrhunderts“ ernannt und galt auch als humanistische Ikone. Als Hitler 1933 in Deutschland an die Macht kam, floh der Wissenschaftler, der Jude war, vor den Nazis und zog in die USA. Dort kritisierte er scharf die soziale Ungleichheit und die Rassentrennung und setzte sich für die rechte der Schwarzen in Amerika ein. 1946 begab er sich zur Lincoln-University in Pennsylvania und hielt eine großartige Rede, in der er den Rassismus als „die Krankheit des weißen Mannes“ bezeichnete. Anscheinend handelte es sich dabei um eine Krankheit, an der er selbst noch wenige Jahre zuvor litt.