Klaus Stöhr ist schon seit Längerem ein weltweit anerkannter Fachmann auf seinem Gebiet. Der Epidemiologe leitet 15 Jahre lang für die Weltgesundheitsorganisation die Pandemie-Vorbereitung. Mit der Corona-Krise müsste sich der 62-Jährige also bestens auskennen.
Ist der Epidemiologe zu kritisch für das Kanzleramt?
Trotzdem ist er bis jetzt noch nicht in die von RKI-Chef Wieler geleitete Expertengruppe unter Einberufung des Kanzleramtes eingeladen worden. Wie kann das sein?
Die Corona-Task-Force ist zuständig für das genaue Beobachten des Pandemie-Verlaufs und das Treffen von angemessenen Maßnahmen. Diese hat Stöhr in der Vergangenheit immer wieder kritisiert. Weigert sich die Regierung bisher aus diesem Grund, auf seinen Rat zu hören?
Nachdem das Kanzleramt denInzidenz-Wert auf 50 Neuinfektionen pro Region gelegt hat, tat Stöhr die Verordnungen sogleich als "illusorisch im Winter" ab, selbst "wenn man die Inzidenz erreichen würde, dann würde man sie auch nicht halten können", so der Experte.
Auch die neuen Verschärfungen kann er nicht nachvollziehen. Gegenüber der Bild kommentiert er den kürzlichen abgehaltenen Corona-Gipfel folgendermaßen:
Einen Verschärfungsgrund sehe ich gegenwärtig nicht. Es ist Zeit, zu überlegen, wie wir durch diesen langen Winter bis Ende März, Anfang April kommen können, ohne ständig Extrem-Maßnahmen zu diskutieren.
Diese acht Experten beraten die Bundesregierung
Zurzeit befinden sich acht Virologen, Epidemiologen und andere Mediziner in dem Expertenrat der Bundesregierung, namentlich RKI-Chef Lothar Wieler, Charité-Chefvirologe Christian Drosten, Virologin Melanie Brinkmann, Physiker Michael Meyer-Hermann, Epidemiologe Gérard Krause, Psychologin Cornelia Betsch, Biochemiker Rolf und Physiker Kai Nagel.
An dieser Besetzung scheinen die Verantwortlichen auch in naher Zukunft nichts ändern zu wollen. Es wirkt auch so, als wäre Stöhr tatsächlich wegen seiner kritischen Stimme nicht eingeladen worden. Will Merkel deswegen nicht auf ihn hören? Das notwendige Know-How hätte er allemal!