Émile wird am 8. Juli 2023 gegen 17.45 Uhr zum letzten Mal von zwei Nachbar:innen gesehen, deren Erzählungen voneinander abweichen. Er war gerade für die Sommerferien zu seinen Großeltern gekommen.
Um 18.12 Uhr ruft Émiles Großmutter die Gendarmerie in Alpes-de Hautes-Provence an, in deren Nähe Emile im Dörfchen Le Vernet verschwunden ist. Der Junge ist trotz intensiver Suche nicht auffindbar.
Die Gendarmerie startet sehr schnell einen Zeugenaufruf, da nötige Informationen fehlen.
Eine erste Untersuchung wird in Digne-les-Bains eingeleitet und zwei Untersuchungsrichtern in Aix-en-Provence anvertraut.
Seine Eltern, strenggläubige Katholiken, die in La Bouilladisse im Département Bouches-du-Rhône wohnen, waren am Tag des Verschwindens des zweieinhalbjährigen Jungen nicht anwesend.
Am 10. Juli wird die Suche eingestellt. Nach einem weiteren Tag der Suche in einem Umkreis von 5 km um das Dorf kündigt der Polizeipräsident an, dass die Suche eingestellt wird.
Spezialisierte Mittel für die Suche nach Spuren und Indizien werden der Gendarmerie zur Verfügung gestellt. Dies dauert mehrere Tage, bevor die Phase der Suche bald in eingehendere Analysen übergeht.
Die Ermittlungen werden sehr schnell ausgeweitet, bereits am 28. Juli 2023, und zwar aus mehreren Gründen: „willkürliche Entführung und Freiheitsberaubung“. Aber immer noch keine nennenswerten Fortschritte.
Die Ermittler:innen kommen in diesem Fall nicht voran. Es gibt nicht viele Hinweise, die auf eine konkrete Spur führen.
Die bis dahin diskreten Eltern von Émile brechen am 29. August 2023 ihr Schweigen. Der Vater von Émile erklärt: “Man stellt sich zwangsläufig das Schlimmste vor, aber man kann nicht anders, als zu hoffen." Die Familie „bittet Gott um ein Wunder“, um das Kind wiederzufinden.
Am 23. November, dem Vorabend von Émiles drittem Geburtstag, veröffentlichten die Eltern über die Wochenzeitung Famille chrétienne einen eindringlichen Appell.
„Bitte verstehen Sie unsere Notlage, sagen Sie uns, wo Émile ist. Wenn er lebt, lassen Sie uns nicht ohne ihn leben, geben Sie ihn uns zurück! Wenn er tot ist, sagen Sie uns, wo er ist, geben Sie ihn uns zurück, lassen Sie uns nicht ohne ein Grab, an dem wir gedenken können!", appellieren die Eltern von Émile.
Am 19. März 2024 wird Émiles Großvater mütterlicherseits, der 58-jährige Philippe V., der zum Zeitpunkt seines Verschwindens das Sorgerecht für den Jungen hatte, verhaftet. Seine Vergangenheit gibt zu denken.
Von 1991 bis 1994 war er für die Durchsetzung der Disziplin in einer katholischen Einrichtung verantwortlich gewesen, die anschließend verwaltungstechnisch geschlossen wurde. Einige Personen sind wegen „sexueller Übergriffe“ und „Misshandlung“ angeklagt worden.
Philippe V., der nur Zeuge in dieser Angelegenheit war, meldet sich am 20. März zu Wort. Über seine Anwältin Isabelle Colombani hofft er, „dass die Ermittler:innen nicht zu viel Zeit auf ihn verschwenden, auf Kosten anderer Spuren“.
Am 28. März dieses Jahres wird von der Gendarmerie eine groß angelegte „Situationsübung“ inszeniert. Nachbar:innen und Zeug:innen werden von der Justiz vorgeladen. Die Idee ist, den Abend des 8. Juli chronologisch nachzuvollziehen
Der Zugang zu Haut-Vernet ist per Gemeindebeschluss bis Freitagmorgen, den 29. März, verboten. An dieser Aktion nehmen die „Personen teil, die zum Zeitpunkt der Tat“ im letzten Sommer dort waren.
Am 30. März ruft eine Spaziergängerin die Polizei, nachdem sie 2 km vom Dörfchen Haut Vernet entfernt Knochen gefunden hat.
Nach genetischen Analysen des Instituts für Kriminalforschung der Gendarmerie Nationale bestätigt die Justiz, dass es sich um die Gebeine des Kindes Émile Soleil handelt.