Es ist der Fall, der Argentinien seit einem Monat erschüttert und sogar die Grenzen überschreitet. Am frühen Nachmittag des 13. Juni 2024 verschwand der kleine Loan Danilo Peña nach einem Familienessen während eines Spaziergangs in der Nähe des Hauses seiner Großmutter in Nueve de Julio, in der Provinz Buenos Aires, auf mysteriöse Weise. Seitdem hat der fünfjährige Junge kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben. Die Ausrufung eines Alarms, die Mobilisierung von mehr als 600 Polizist:innen für die Suche, die Verbreitung von Zeugenaufrufen und sogar eines Interpol-Hinweises mit dem Foto von Loan - all das blieb bisher ohne Erfolg.
Auch wenn dieses Verschwinden viele Ähnlichkeiten mit dem des kleinen Emile zu haben scheint, der Frankreich in diesem Jahr erschütterte, macht der politische Kontext in Argentinien daraus einen weitaus undurchdringlicheren Fall.
Korruption steht im Mittelpunkt der Ermittlungen, bei denen bereits mehrere Anklagen wegen „Menschenhandels“ erhoben wurden: Sieben Personen werden verdächtigt, in die Ermittlungen verwickelt zu sein, darunter Familienmitglieder oder Freunde, die an jenem Tag anwesend waren, darunter Loans Tante, sowie ein Polizeikommissar, dem „Behinderung der Ermittlungen“ vorgeworfen wird, und seine Frau, eine Beamtin der Stadtverwaltung. All dies nährt das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber den Institutionen und Autoritätspersonen und führte in den letzten Wochen zu zahlreichen Demonstrationen im ganzen Land.
Der Staat bietet 5.000 Euro als Belohnung
„Die Menschen mobilisieren sich, weil sie empört sind. Aber ihre Empörung beschränkt sich nicht auf das Verschwinden eines Kindes. Sie sind empört über die Korruption, über die Beteiligung von Persönlichkeiten, die die Macht, die Justiz und die Polizei repräsentieren“, analysiert Nicolas Viotti, Soziologe und Anthropologe gegenüber der französischen Tageszeitung Le Monde.
Aber parallel zu dieser Bewegung, die das Land beschäftigt, konzentrieren sich die Angehörigen des kleinen Loan vor allem auf die Hoffnung, ihren Sohn gesund und munter wiederzufinden. Und während die argentinische Regierung angeboten hat, fünf Millionen Pesos (umgerechnet 4.900 Euro) als Belohnung für Informationen im Zusammenhang mit den Ermittlungen auszusetzen, hat der Anwalt von Loans Mutter beschlossen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
„Was ich als Vertreter der Familie in Betracht gezogen habe, ist, dass der Staat fünf Millionen Pesos als Belohnung für eine Sache aussetzt, die skandalöse Bewegungen hat, die mit Macht und Handel verbunden sind. Das scheint wirklich absurd zu sein. Wer riskiert für fünf Millionen Pesos auch nur ein Stück seiner Menschlichkeit oder seines Lebens? Ich denke, das ist nicht attraktiv, es hilft den Ermittlungen nicht“, meinte Fernando Burlando in einem Video, das er am 15. Juli 2024 in sozialen Netzwerken teilte.
Der Anwalt schlug daraufhin eine höhere Belohnung vor: Eine Million Dollar (mehr als 920.000 Euro) für Informationen, die zur Auffindung des vermissten Kindes führen. Gegenüber der Lokalzeitung Diario Democracia überlegte er es sich dann anders und nannte eine Summe von 50.000 Dollar (ca. 46.000 Euro) für die Person, die bei der Suche nach Loan hilft. Seitdem erhält Fernando Burlando täglich fast „2.000 Nachrichten mit Informationen“, die er filtern muss, bevor er sie an die Justiz weiterleitet.
In Deutschland haben zuletzt ebenfalls zwei Vermisstenfälle die Menschen in Atem gehalten: Der der kleinen Valeriia, die auf dem Weg zur Schule verschwand sowie der Fall des kleinen Arian, der abends aus dem Haus seiner Eltern verschwand.
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Verwendete Quellen:
Instagram: @burlandofernando
Argentinisches Tageblatt: "Der Fall Loan: Warum ein kleiner Junge ganz Argentinien bewegt"
Diario Democracia: "Burlando contó cuántos mensajes reciben tras dar a conocer la millionaria recompensa para encontrar a loan"
Le Monde: "In Argentina, the disappearance of a child fuels mistrust of the system"
Aus dem Französischen übersetzt von Femme Actuelle