Die Europawahlen fanden am vergangenen Wochenende statt und die Auszählungen haben ergeben: Rechtspopulistische Parteien sind zunehmend auf dem Vormarsch. Das wird auch die EU-Politik stark beeinflussen.
Nicht nur in Deutschland und Frankreich: Rechtsparteien sahnen in diversen EU-Ländern ab
Dass Parteien wie die AfD stärker werden, hatten viele auf dem Schirm. Doch dass sie solche Ergebnisse einfahren würden, dürfte sicherlich so manche EU-Bürger:innen schockiert haben. In Deutschland wurde die AfD mit knapp 16 Prozent zweitstärkste Kraft – nach der CDU/CSU.
In Frankreich, Italien und Ungarn schaffen es die Rechtspopulisten sogar jeweils, die Nummer 1 zu werden. Für das RN rund um Marine Le Pen und Jordan Bardella eine echte Prämiere. Auch in den Niederlanden und Polen haben die Nationalisten stark abgeschnitten.
Rechtsruck könnte das Projekt eines geeinten Europas gefährden
Dieser Rechtsruck bei der Europawahl ist ein gefährliches Signal an alle, die nach wie vor an der Europäischen Union festhalten. Denn in immer mehr Ländern setzen sich europakritische Parteien durch – einige denken bereits über einen Exit nach britischem Vorbild nach.
Das wird nicht nur Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Parlaments haben, sondern auch auf die Zusammenarbeit von Parlament und Kommission bei der Gesetzgebung. Denn die Rechten werden wohl auch mehr Sitze in der nächsten Kommission bekommen.
Migration und Asylpolitik: Gibt es bald mehr Binnenkontrollen in der EU?
Kursänderungen in den Bereichen Migration und Klimaschutz könnten die Folge sein. Insbesondere in puncto Migration und Asylpolitik steht Europa jetzt nämlich vor großen Herausforderungen.
Länder wie Ungarn hatten sich zuvor schon geweigert, sich an bestehende Verträge zu halten. Mit dem Vormarsch der Rechten in mehreren Ländern besteht die Gefahr, dass neue – strengere – Verträge ausgehandelt werden müssen.
Zudem könnten sich künftig mehr Länder weigern, Asylbewerber aufzunehmen. Das wiederum könnte früher oder später zu vermehrten Grenzkontrollen innerhalb der EU führen.
Ukrainehilfe und EU-Erweiterung: Blockieren die Rechten entsprechende Vorhaben?
Auch für die Ukraine dürften die Wahlergebnisse ein Schlag ins Gesicht sein. Nicht nur, weil für das Land – ebenso wie für weitere Anwärterstaaten – eine mögliche Aufnahme in die EU erst einmal wieder in weite Ferne rücken könnte.
Sondern vor allem auch, weil viele nationalistische Parteien gegen die Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen Putin sind. Daher betonte der Europäische Grünen-Vorsitzende bereits, wie wichtig es wäre, sich gemeinsam gegen die Rechten zu stellen – und dabei auch die Grünen mit ins Boot zu holen:
Wenn die Konservativen, Sozialisten und Liberalen ein stabiles, soziales Europa wollen, dann können sie nicht mit den Rechten koalieren, sondern müssen mit den Grünen zusammenarbeiten.
Nicht nur in der EU: Auch auf nationaler Ebene brodelt es
Doch nicht nur für die EU sind die Wahlergebnisse ein Problem. Auch auf nationaler Ebene tut sich einiges. So hat Frankreichs Präsident Macron bereits Neuwahlen angekündigt.
Und auch in Deutschland stellt sich vielerorten die Frage, ob Scholz noch Kanzler bleiben kann und sollte – oder ob die Ampel am Ende ist und Neuwahlen her müssen.
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Verwendete Quellen:
Capital: Europawahl: Was bedeutet der Rechtsruck für die Zukunft?
Tagesspiegel: Was bedeutet der Erfolg der Rechten für Europa?: „Auch die EU-Kommission wird zwangsläufig einen Rechtsruck erleben“
BILD: Dramatische Verschiebungen bei EU-Wahl: Was bedeutet der Rechtsruck für Europa?