Über 10 Jahre ist es her, dass Haiti im Jahr 2010 zuletzt von einem verheerenden Erdbeben heimgesucht wurde. Nun hat die komplexe geologische Situation der Region die Insel erneut auf tödliche Weise erbeben lassen. Ein Erdbeben der Stärke 7,2 erschüttert Haiti am Morgen des 14. Augusts.
Dieses und das Erdbeben von 2010 reihen sich in eine lange seismische Geschichte der Insel ein, welche sich am Rande der karibischen Platte befindet. Diese verschiebt sich nämlich langsam aber sicher Richtung Osten.
Auch wenn die Erdbeben von Haiti nicht zu den stärksten der Welt zählen, fordern sie doch häufig unzählige Opfer. Der Grund: Die zahlreichen Betonbauten, die nicht so errichtet wurden, dass sie der örtlichen Seismik standhalten.
Das Ausmaß des jüngsten Erdbebens ist noch lange nicht bekannt. Doch feststeht, dass vor allem die Gemeinden betroffen sind, die sich noch von dem letzten Erdbeben erholen.
Kontinentalplatten in ständiger Bewegung
Die Insel Hispaniola, auf der sich Haiti und die Dominikanische Republik befinden, liegt wie bereits erwähnt, auf er karibischen Platte, auf die von allen Seiten unterschiedliche Kräfte einwirken: Die nordamerikanische Platte, die Cocosplatte, die südamerikanische Platte und die Nazca-Platte.
Durch diese Spannungen verschiebt sich die karibische Platte jährlich um etwa 1,14 cm in Richtung der nordamerikanischen Platte und so kommt es in der Region, in der die beiden Platten aufeinanderstoßen, immer wieder zu heftigen Erschütterungen.
Man geht sogar davon aus, dass das jüngste Erdbeben mit jenem von 2010 zusammenhängt. Analysen, die nach dem Erdbeben 2010 in der Region durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass durch die Plattenverschiebung ein hoher Druck zwischen Osten und Westen entstanden ist.
Doch trotz dieser und zahlreicher weiterer Informationen ist man nicht in der Lage, ein solches Erdbeben genau vorherzusagen.
Eine Nation unter Spannung
Dass das Erdbeben auf Haiti so schwere Auswirkungen hatte, liegt nicht zuletzt daran, dass die unterirdischen Spannungen wahrscheinlich ebenso stark sind wie jene innerhalb des Landes. Haiti blickt zurück auf eine lange Geschichte der Ausbeutung und Versklavung, angefangen 1492 mit der Ankunft von Christoph Kolumbus, gefolgt von Jahren politischer Unruhen, sodass es heute eines der ärmsten Länder Lateinamerikas ist.
Die Unruhen und die Armut spiegeln sich auch in der Entwicklung der Region wider, wo Gebäude ohne Berücksichtigung jeglicher Normen errichtet werden. Viele davon aus Beton, ein kostengünstiges Material für schwere Wände und Dächer, die Hurrikanes standhalten mögen, aber keinen Erdbeben.
Auch wenn man beim Wiederaufbau nach dem Desaster von 2010 das Erdbebenrisiko berücksichtigt hat, haben Korruption und politische Unruhen viele Bemühungen und Einigungen zunichte gemacht.