Hierzulande dürfte eine Nachricht zu einer Verspätung dieser Größenordnung eher ein Schmunzeln auslösen, denn die Deutsche Bahn hat regelmäßig mit Verspätungen zu kämpfen.
In Japan nimmt man Pünktlichkeit allerdings ganz und gar nicht auf die leichte Schulter. Schon Sekunden können den Unterschied machen, wie dieses Beispiel zeigt.
Sonderuntersuchung wegen einer Minute Verspätung
Vor kurzem kommt ein Hochgeschwindigkeitszug auf der Strecke Tokyo – Shin-Osaka eine Minute verspätet an. Das Betreiberunternehmen JR Central leitet sofort eine Sonderuntersuchung ein.
Der Vorfall ereignet sich am 16. Mai 2021. Der Zug Hikari Nr. 633 fährt gerade mit einer Geschwindigkeit von 150 km/h auf den Bahnhof von Mishima zu.
Wie die Japan Times berichtet, bekommt der Lokführer plötzlich starke Bauchschmerzen. Als er es nicht mehr aushält, geht der 36-jährige gegen 8.15 Uhr für drei Minuten auf die Toilette.
Dafür übergibt er die Steuerung des Zuges dem Zugchef, der allerdings nicht über die dafür notwendige Berechtigung verfügt. Dieser berührt während dieser Zeit keinen einzigen Schalter.
Dennoch verstoßen die beiden Männer mit ihrem Tun gegen die Regelungen ihrer Betreibergesellschaft. Der Lokführer hätte diesen Bestimmungen zufolge anders handeln müssen.
Entweder hätte dieser seinen Platz einem anderen befugten Lokführer übergeben, oder aber den Zug im nächstgelegenen Bahnhof zum Stehen bringen müssen.
Lokführer muss Konsequenzen befürchten
Während der Befragung streitet der Lokführer zunächst alles ab. Als man ihm dann die Bilder einer Überwachungskamera zeigt, erklärt er nach Informationen der Japan Times letztlich:
Ich habe nicht gewollt, dass der Zug wegen eines Halts eine Verspätung einfährt.
In Anbetracht der Tatsache, dass Hochgeschwindigkeitszüge in Japan für ihre Pünktlichkeit geschätzt werden, ist das ein durchaus verständlicher Grund.
Der Betreiber, für den eine solche Situation völlig neu ist, meldet den Regelverstoß umgehend dem zuständigen Ministerium für Land, Infrastruktur, Verkehr und Tourismus.
JR Central entschuldigt sich im Anschluss für den Vorfall offiziell. Der in dem privatisierten Verkehrsunternehmen hochrangige Masahiro Hayatsu erklärt im Rahmen einer Pressekonferenz betroffen:
Es ist zu einem sehr unangemessenen Vorfall gekommen. Wir möchten uns dafür entschuldigen.
Dem Lokführer und dem Zugchef drohen hingegen strenge Konsequenzen. Apropos japanische Pünktlichkeit: Diese Magnetschwebebahn ist der schnellste Zug der Welt!
Noch ein Fun Fact nebenher: In Japan sind die Metros so vollgestopft, dass Personal dafür bezahlt wird, die Passagiere in die Waggons zu schieben.