Experten-Analyse: Die gefährliche Freundschaft zwischen Wladimir Putin und Kim Jong-un

Nach Ex-US-Präsident Donald Trump hat Kim Jong-un nun, wie es scheint, einen neuen besten Freund gefunden: Russlands Präsident Wladimir Putin. Eine Beziehung, die der nordkoreanische Staatschef kürzlich als "unzerstörbar" bezeichnet hat.

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Diese Freundschaft wirft wahrlich Fragen auf. Eine Zeit lang schienen Kim Jong-un und Donald Trump sehr eng miteinander verbunden zu sein und waren voll des Lobes füreinander. Doch als der ehemalige US-Präsident den nordkoreanischen Staatschef 2019 auf dem Gipfeltreffen in Hanoi zurückwies, änderte sich alles. Ihre Beziehung schlief merklich ein und Kim Jong-un fand in Wladimir Putin einen neuen Verbündeten. In den letzten zwei Jahren haben sich Pjöngjang und Moskau sehr angenähert und die beiden Politiker haben begonnen, sich unter Freunden kleine Geschenke zu machen.

So erhielt Nordkorea vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine Nahrungsmittel-, Wirtschafts- und Militärhilfe, im Gegenzug wurden große Mengen von Waffen an Russland geliefert. Zu Beginn des Frühjahrs berichteten mehrere Medien, darunter The War Zone, über jüngste Ereignisse, die darauf hindeuteten, dass sich die beiden Nationen weiter annäherten. Mitte März hatte Kim Jong-un seinen ersten öffentlichen Auftritt in einer gepanzerten "Aurus"-Limousine aus russischer Produktion, die ihm einen Monat zuvor von seinem Amtskollegen geschenkt worden war.

Nunmehr pflegen die beiden Männer eine "unzerstörbare Waffenkameradenbeziehung", wie es der nordkoreanische Diktator in einer kürzlichen Botschaft an seinen russischen Amtskollegen formulierte. Diese gefährliche Verbindung hat nun der Economist in einer Veröffentlichung vom Sonntag, dem 16. Juni, zu analysieren versucht.

Eine Freundschaft, die viele Vorteile mit sich bringt

In den letzten fünf Jahren reiste Kim Jong-un zweimal nach Russland, um Wladimir Putin zu treffen, wie das britische Magazin berichtet. Zudem wird erwartet, dass der russische Staatschef bald seine erste Reise nach Pjöngjang seit dem Jahr 2000, in dem er zum Präsidenten gewählt wurde, antreten wird.

Die Freundschaft zwischen den beiden Männern ist durch die geopolitischen Veränderungen gewachsen. Nach dem gescheiterten Gipfeltreffen in Hanoi wandte sich der nordkoreanische Staatsmann allmählich von den Verhandlungen mit den USA ab und unternahm eine Annäherung an Moskau. Er erhielt eine eher lauwarme Antwort - bis Wladimir Putin mit seiner groß angelegten Invasion der Ukraine scheiterte und das Land von da an Munition in großen Mengen benötigte. Eines der wenigen Dinge, die in dem ostasiatischen Land im Überfluss vorhanden sind.

Die Freundschaft geht jedoch weit über den Waffenhandel hinaus, warnt Jenny Town vom "Stimson Center", einer amerikanischen Denkfabrik. Nordkorea spielt eine entscheidende Rolle bei der breiteren Konfrontation Russlands mit dem Westen. Im Detail trägt es dazu bei, die Strategie der USA in Asien zu erschweren, und untergräbt gleichzeitig die multilateralen Institutionen. Im März legte Moskau sein Veto gegen eine UN-Resolution zur Verlängerung des Mandats der Expertengruppe ein, dem wichtigsten internationalen Gremium zur Überwachung der Sanktionen gegen Nordkorea.

Andererseits habe sich Wladimir Putin durch seine Entscheidung, mit Pjöngjang zu kooperieren, auch bemüht, Südkorea, einen großen Verbündeten der USA, davon abzuhalten, der Ukraine direkte Hilfe zukommen zu lassen, so der Economist weiter - Seoul habe sich dem Druck nicht gebeugt und ein Teil der vom Westen nach Kiew geschickten Granaten stamme aus seinen Beständen.

Gleichzeitig erwiesen sich in Nordkorea die Beziehungen zu Russland in diesen schwierigen Zeiten als Glücksfall, da Kim Jong-un seit dem Debakel von Hanoi international besonders isoliert ist. Eine Situation, die durch die Sanktionen und die Gesundheitskrise noch verstärkt wurde. Der Handel mit Russland hat es also ermöglicht, die Wirtschaft zu stabilisieren und der nordkoreanische Staatsmann hat gesehen, wie sein Image wieder aufpoliert wurde.

Eine neue "Achse des Bösen"?

In den letzten Monaten seien russische und nordkoreanische Delegationen, die sich mit Landwirtschaft, Sicherheit, Kultur und Technologie befassten, regelmäßig zwischen den beiden Ländern hin und her gependelt. Russische Tourist:innen waren nach der Covid-19-Pandemie die ersten Ausländer:innen, die Nordkorea besuchten. In der Stadt Wladiwostok gibt es zahlreiche Reisebüros, die eine Reise dorthin anbieten.

Diese neuen Verbindungen zwischen den beiden Nationen beunruhigen einige Expert:innen, die eine neue "Achse des Bösen" zwischen Russland, China und Nordkorea sehen: Ein Begriff, der sich auf eine Rede von George W. Bush aus dem Jahr 2002 bezieht, in der den Iran, den Irak und Nordkorea als solche bezeichnete. Ebenso bezieht sich der Ausdruck, auch auf die Achsenmächte während des Zweiten Weltkriegs.

Während des Koreakriegs hatten sich China und die Sowjetunion hinter Pjöngjang gestellt. Expert:innen befürchten daher, dass die Verbindungen zwischen Wladimir Putin und Kim Jong-un eine nordkoreanische Aggression fördern könnten. "Dies ist die größte strategische Chance, die sich Nordkorea seit dem Ende des Kalten Krieges bietet", fasst Ankit Panda von der "Carnegie-Stiftung für internationalen Frieden" zusammen.

Wenn sich die beiden Staatschefs in Zukunft treffen, wird die Waffenfrage zweifellos an die Spitze der weltweiten Aufmerksamkeit rücken. Seit September 2023 hat Nordkorea nach US-Schätzungen fast 11.000 Container mit Munition nach Russland verschifft. Die Moskauer Armee soll sogar von Pjöngjang hergestellte ballistische Raketen eingesetzt haben, wie die französische Seite RFI im Mai berichtete.

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Verwendete Quellen:

The War Zone: "Limo Gifted From Putin Is Now Carting Kim Around North Korea"

The Economist: "Vladimir Putin’s dangerous bromance with Kim Jong Un"

Stimson Center

Carnegie Endowment for International Peace

RFI: "L’Ukraine enquête sur les missiles balistiques nord-coréens utilisés par la Russie"

Aus dem Französischen übersetzt von GEO

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