Bereits kurz nach Ausbruch der Pandemie sind sich sowohl einige Forschende als auch das CIA recht sicher: Das Virus stammt aus einem Labor im chinesischen Wuhan. Gibt es für diese Annahme aber wirklich konkrete Anhaltspunkte? Der deutsche Mediziner Alexander Kekulé hat auf jeden Fall seine ganz eigene Meinung dazu.
Forschungsprojekt sorgt für Stirnrunzeln
Anders als sein Kollege Christian Drosten, der es für extrem unwahrscheinlich hält, dass das Virus aus einem Labor stammt, hält Alexander Kekulé die Theorie nicht für komplett haltlos. Grund dafür ist ein Forschungsprojekt von Peter Daszak, welches in Zusammenarbeit mit dem Institut für Virologie in Wuhan umgesetzt werden sollte.
Im ntv-Podcast Wieder was gelernterklärt Kekulé, worum genau es bei dem Projekt geht und weshalb es ein Hinweis darauf sein könnte, dass das Virus tatsächlich aus Wuhan stammt:
Man hat Hinweise für Pläne gefunden, Viren herzustellen, die dem, was jetzt als Pandemie-Virus zirkuliert, extrem ähnlich gewesen wären. Das bringt Peter Daszak und die Eco HealthAlliance natürlich in Erklärungsnot. Auch diejenigen, die die Anträge damals in den USA bearbeitet haben, müssen jetzt genau erklären, warum sie sich sicher sind, dass diese Dinge, die gemeinsam mit Wuhan geplant waren, nicht in Wuhan durchgeführt wurden.
Ziel der Forschenden war es, das Coronavirus so zu ändern, dass es besonders schnell zu einer Ansteckung kommt. Dies hätte Aufschluss darüber gegeben, welche Eigenschaften ein mutiertes Virus, das durchaus zu einer Pandemie führen kann, gehabt hätte. Durch den Erkenntnisgewinn könnte so einer tatsächlichen Pandemie schneller Einhalt geboten werden.
Ursprünglich sei die Forschungsarbeit in den USA vorgesehen gewesen. Da die DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency) dieses aufgrund seines Gefahrenpotenzials aber abgelehnt habe, sei nicht klar, ob die Forscher:innen das Projekt nicht einfach in China durchgeführt hätten.
Covid-Ausbruch: Das richtige Timing
Der Zeitrahmen passe auf jeden Fall zu der Annahme, genau jenes Projekt sei in Wuhan schiefgelaufen. Auch weitere Details der Forschungsarbeit deuten darauf hin. Alexander Kekulé:
Es passt auch, dass der Plan der war, Viren aus Fledermäusen zu nehmen, wie sie eben in der Region von Wuhan vorhanden sind und wie auch Zheng-Li Shi sie zur Verfügung hatte. Und wir nehmen ja an, dass solche Viren der Ur-Ausgangspunkt der Pandemie waren.
Eine gesunde Portion an Skepsis ist trotzdem angebracht
Auch wenn der Virologe die Annahme, das Virus stamme aus dem Labor, zumindest nicht für unmöglich hält, gibt es durchaus Gründe, die dafür sprechen, dass es noch andere Ursprünge für das Virus geben kann.
Die Tatsache, dass niemand in der Forschungswelt vor Ausbruch der Pandemie von eventuellen Forschungsergebnissen oder Experimenten gehört habe, mache ihn skeptisch:
Als experimentell tätiger Virologe ist man ständig im Austausch mit dem Ausland. Gerade, weil viele dieser Technologien in den USA besser beherrscht werden als in China. Deshalb gab es ja die enge Zusammenarbeit zwischen mehreren Arbeitsgruppen in den USA und Wuhan.
Außerdem sei das Virus schon Monate vor dem teilweisen Shutdown Chinas in Europa angekommen. Um überhaupt eine Pandemie auszulösen, müsse ein Virus aber erst mutieren können und dafür braucht es vor allem eins: Zeit. Der Biochemiker dazu:
Ohne Frage, die Chinesen haben gelogen und sie lügen auch weiterhin. Das ist klar, daran gibt es kein Rütteln. Aber die Daten deuten darauf hin, dass die ersten Infektionen wahrscheinlich schon im Oktober 2019 aus China rausgetragen wurden. Wir haben Hinweise auf Patient:innen in Frankreich und in Italien. Das Virus hat also schon früher erste Versuche unternommen, sich in der Welt auszubreiten.
Pelzfarmen könnten an der Pandemie ebenso schuld sein
Laut ihm sollen sogenannte Pelzfarmen, auf denen Tiere auf engstem Lebensraum zusammenleben, dafür der ideale Ort sein:
Die Betriebe werden staatlich kaum kontrolliert. Das sind auch viele kleinere Betriebe. Da ist es gut möglich, dass sich ein Virus ausbreitet, optimiert und zum Beispiel Pfleger infiziert, die dort im Einsatz sind, und es dann zu einer Rück-Infektion zu den Tieren kommt.
Die Chancen, jemals die Wahrheit zu erfahren, sind wohl gering, zumindest stellt sich China schon vor Monaten bei Untersuchungen der WHO quer. Etwas Positives kann der Epidemiologe den ganzen Theorien trotzdem abgewinnen: Beide Annahmen sein durchaus plausibel und so könne die Wissenschaft aus den bereits gemachten Fehlern ihre Lehren ziehen und diese nicht wiederholen.