Eigentlich soll das 9-Euro-Ticket viele Haushalte finanziell entlasten: Wer sonst das Auto für den Weg zur Arbeit nimmt, spart sich so den momentan sowieso teuren Sprit und tut der Umwelt auch noch etwas Gutes. Diejenigen, die wirklich nur wenig Geld zur Verfügung haben, und sich für den Kauf des 9-Euro-Tickets entscheiden, schulden dem Staat nun womöglich Geld.
Schülertickets werden zum Problem
Seit dem 1. Juni ist das 9-Euro-Ticket erhältlich. Es gilt nicht nur für den Fernverkehr (dann allerdings auch nur für bestimmte Züge), sondern auch für den Personennahverkehr, also z. B. die U-Bahn oder die Tram. Genau das macht das Ticket so attraktiv: Für 9 Euro pro Monat können die Ticket-Inhaber:innen fast täglich damit zur Arbeit fahren, aber auch ein verlängertes Wochenende am anderen Ende Deutschlands einplanen.
Wer Hartz IV bezieht und schulpflichtige Kinder hat, muss immerhin schon jetzt nicht für deren Schülerfahrkarten aufkommen. Die Kosten übernimmt das Amt. Genau das könnte für viele Menschen zum Problem werden.
Schülerfahrkarten sind in der Regel günstiger als reguläre Monatskarten; mehr als 9 Euro kosten sie dann aber doch. Da Schüler:innen momentan auch das 9-Euro-Ticket nutzen können, ist es laut HartzIV.org möglich, dass das Jobcenter nun den Differenzbetrag von Leistungsbezieher:innen zurückverlangen kann.
Wie das RND berichtet, käme eine unterlassene Rückzahlung des Differenzbetrags einer "ungerechtfertigten Bereicherung" gleich. Grundlage für diese Annahme seien bestimmte Paragraphen des Sozialgesetzbuchs (z. B. § 29 SGB II).
Lage unterscheidet sich je nach Bundesland
Die Lage ist allerdings verzwickt: Jedes Bundesland scheint entscheiden zu können, wie es auf die Situation reagiert; auch könne eine Entscheidung von Jobcenter zu Jobcenter unterschiedlich ausfallen.
Die Bundesländer Baden-Württemberg, Thüringen, Bayern und Niedersachsen erweisen sich als wenig kompromissbereit: Leistungsbezieher:innen müssen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Rückzahlungen an das Amt rechnen.
Das Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg äußert sich gegenüber Westfälischen Allgemeine Zeitung wie folgt:
Die Jobcenter werden entweder bereits für die Zeit ab Juni die Leistungsgewährung nach dem SGB II entsprechend anpassen oder im Nachgang die bisherige Leistungsbewilligung teilweise widerrufen.
Andere Bundesländer, darunter Brandenburg und Schleswig-Holstein, scheinen Gnade vor Recht walten zu lassen: Mit einer Aufforderung zu Rückzahlungen sei dort eher nicht zu rechnen.
Man sieht leider wieder einmal: Gut gedacht ist noch lange nicht gut gemacht.
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