Dass die Bundeswehr aufstocken muss, um international mithalten zu können, ist längst kein Geheimnis mehr – oder ist eigentlich alles halb so wild? In einem Interview verrät der Politikwissenschaftler Carlo Masala, wie es tatsächlich um die deutsche Verteidigung steht.
"Nach wie vor im Friedensmodus": Deutschland nicht abwehrbereit
Eine Reform der Bundeswehr ist Masala zufolge zwingend notwendig. Denn das Problem bestünde nicht nur in der mangelhaften Ausrüstung der Soldat:innen, sondern vor allem auch in den veralteten und ineffizienten Strukturen.
Im Gespräch mit t-online erklärt der Politikwissenschaftler zudem, dass nicht nur die Politik, sondern vor allem auch die Gesellschaft "einfach nicht in den Krisenmodus geschaltet" hat – und Deutschland deswegen im Falle eines (russischen) Angriffs viel mehr Probleme hätte als etwa die Ukraine:
In Deutschland kann ich keine Resilienz, Zähigkeit und Abwehrbereitschaft innerhalb der Gesellschaft ausmachen, wie es in der Ukraine der Fall ist. Überraschend ist das selbstverständlich nicht, nach der langen Ära des Friedens, die wir genießen durften.
Masala betont: Deutschland könnte sich nicht lange verteidigen
Als er nach einem – aktuell eher unwahrscheinlichen – Szenario gefragt wird, in dem Deutschland direkt von Putin angegriffen wird, malt Masala ein düsteres Bild:
Wir könnten Russland nicht allzu viel entgegenwerfen. Meine Vermutung ist, dass die Bundeswehr einen Zeitraum zwischen drei Tagen und rund zweieinhalb Wochen durchhalten würde.
Denn zum nicht vorhandenen Krisenbewusstsein käme dann vor allem die Tatsache, dass den Truppen schlicht die Munition ausgehen würde. Entsprechende Bestellungen seien jetzt zwar aufgegeben worden, aber eben viel zu spät.
Er spricht sich für "Taurus"-Lieferung an Ukraine aus
Im Interview, in dem es auch um sein neues Buch Bedingt abwehrbereit. Deutschlands Schwächen in der Zeitenwende geht, in dem er seine Analysen weiter ausführt, betont Masala die Notwendigkeit der "Taurus"-Lieferung an die Ukraine.
Denn man versäume es in Deutschland häufig, sich zu fragen, warum das eine sinnvolle Aktion sei – für ihn liegt jedoch auf der Hand:
Wir sollten den Spieß bei Putin umdrehen. Wenn Russland weiter zivile Ziele in der Ukraine angreift, dann bekommt die ukrainische Armee eben Taurus. Das müsste die Botschaft an Russland sein. Denn so wäre die für den russischen Nachschub so wichtige Kertsch-Brücke zur Krim in akuter Gefahr. Das ist eine Strategie. Putin würde das beeindrucken.
Verwendete Quelle:
t-online: Militärexperte Experte Carlo Masala: "Putin muss nur mit Nuklearwaffen wedeln"