Mit der Vorstellung ihres Wachstumspakets sowie dem sogenannten Rentenpaket II hat die Ampel-Koalition die Debatte über längeres Arbeiten neu entfacht. Rentnerinnen und Rentner sollen künftig motiviert werden, länger zu arbeiten - mit einer Mischung aus Freiwilligkeit und finanziellen Anreizen. Doch Arbeitgeberverbandschef Stefan Wolf geht dies noch nicht weit genug. Er fordert noch mehr: eine Rente erst mit 70 Jahren!
Neuer Ansatz zur Lösung des Fachkräftemangels
Ziel der von der Ampel angedachten Maßnahmen ist es, eine weitere Verschärfung des Fachkräftemangels zu verhindern. So soll dem demografischen Wandel begegnet und Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hatte zuletzt bereits Einschränkungen bei einer Rente mit 63 gefordert. Dagegen lehnt die Koalition zwar eine Erhöhung des Renteneintrittsalters ab, setzt jedoch auf freiwillige Verlängerungen des Arbeitslebens durch finanzielle Belohnungen.
Wer sich entscheidet, nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterzuarbeiten, kann mit einem deutlich höheren Nettoeinkommen rechnen. Der Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung soll direkt an die Arbeitnehmer ausgezahlt werden, was bis zu 10,6 Prozentpunkte mehr im Geldbeutel bedeuten kann.
Länger arbeiten – mehr verdienen
So soll nicht nur der Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung gestrichen und dem Arbeitnehmer ausgezahlt werden (1,3 % vom Bruttolohn). Rentner:innen können sich auch entscheiden, ob sie sich die Arbeitgeberbeiträge zur Rente (9,3 % vom Brutto) direkt auszahlen oder auf ihre späteren Rentenansprüche anrechnen lassen wollen.
Jeder Monat, der länger gearbeitet wird, erhöht dann auch noch die späteren Rentenzahlungen um 0,5 %. Mit jedem Jahr Aufschub sind das dann am Ende 6 Prozent mehr, die man monatlich zur Verfügung hat, erklärt die Rentenversicherung. Die Bundesregierung plant außerdem zu ermöglichen, sich diese Summe als einmalige Rentenaufschubprämie auszahlen zu lassen. Laut Berechnungen des „Spiegel“ hätte ein Beschäftigter mit heute rund 45.000 Euro Jahresgehalt dann 22.000 Euro mehr in der Kasse.
Generell längere Lebensarbeitszeit bei Bürojobs?
Stefan Wolf, der Chef des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, geht allerdings noch einen Schritt weiter. Für ihn ist die Rente mit 70 Jahren für Menschen mit Bürojobs nicht nur denkbar, sondern notwendig. „Um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu erhalten, müssen wir mehr arbeiten“, erklärte er im SWR-Videopodcast „Zur Sache – intensiv“.
Für Wolf steht fest: „Ein Fabrikarbeiter, der sehr hart arbeitet, wird nicht bis 70 arbeiten können, aber jemand, der in einem Büro sitzt, der wird bis 70 arbeiten können.“ Gleichzeitig betont er die Notwendigkeit, die Arbeitszeit in der Metall- und Elektroindustrie nicht weiter zu senken. In seinen Augen ist die 35-Stunden-Woche bereits am Limit. Wolf betont: „Ich bin nicht gegen eine Vier-Tage-Woche, ich bin gegen eine Absenkung der Wochenarbeitszeit.“
Flexibilität und Anreize für Senioren
Die Ampel-Regierung lehnt dagegen ein höheres Renteneintrittsalter ab, dies ist auch Koalitionsvertrag so festgelegt. Stattdessen wird nun auf freiwilliges Arbeiten von Senior:innen gesetzt. Arbeitsverträge für Senioren sollen deshalb künftig flexibler gestaltet werden. Eine Ausnahme vom Vorbeschäftigungsverbot soll es Rentnern ermöglichen, bei ihrem alten Arbeitgeber auch nach dem Renteneintritt bis zu acht Jahre sachgrundlos befristet weiterzuarbeiten.
Insgesamt sollen bis zu 12 Vertragsbefristungen möglich sein. Dies biete nicht nur den Arbeitnehmern, sondern auch den Arbeitgebern Sicherheit und eröffne neue Möglichkeiten, den Fachkräftemangel abzufedern, hofft die Regierung. Ob die Maßnahmen den gewünschten Effekt haben und genügend Menschen zum längeren Arbeiten motivieren, bleibt abzuwarten.
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Verwendete Quellen:
Merkur.de: Forderungen nach Rente mit 70 werden laut – aber nur für eine Gruppe
Spiegel.de: Pläne der Ampelregierung: So sind 22.000 Euro mehr drin, wenn Sie länger arbeiten