Caren Miosga hat regelmäßig hochrangige Politiker:innen zu Gast und spricht mit ihnen über brennende politische und wirtschaftliche Themen. Jetzt hat sich mit Christian Lindner über die Ampel diskutiert – und ihn nach seinen Ideen rund um den Sozialstaat und die wirtschaftliche Stabilität gefragt. Seine Thesen verblüffen.
Lindner will "Lust auf Überstunden machen"
Im Rahmen der Polit-Talkshow erklärt Lindner, dass Deutschland gravierend an Wirtschaftskraft und vor allem auch an Wettbewerbsfähigkeit verloren habe. Dafür gebe es seiner Meinung nach zwei Gründe. Einer davon sei, dass immer mehr Menschen lieber ihre Arbeitszeit verkürzen würden, als die berühmte "Extrameile" zu gehen – weil es sich nicht lohne. Das müsse sich ändern:
Die Bundesregierung sollte den Leuten Lust machen auf die Überstunde, die sich steuerlich lohnt, weil man nicht alles abgibt beim Staat. Aus diesen Gründen spreche ich von einer Wirtschaftswende. Es geht darum, dafür zu sorgen, dass sich Arbeit lohnt. Das brauchen wir. Vielleicht sogar eine Mentalitätsreform! [...] Wir haben immer mehr Wünsche und Anforderungen an den Staat. Der Sozialetat wird immer größer, auch weil sich für viele die Arbeit nicht mehr lohnt. Ich bin dafür, für alle die Steuerlast zu senken!
Er findet, es gebe zu viele staatliche Subventionen
Neben der Senkung der Steuerlast und der Schaffung von Anreizen, doch wieder die ein oder andere Überstunde zu machen, sieht er aber eine zweite große Baustelle, der sich die Ampelkoalition stellen müsse, wenn Deutschland wieder wettbewerbsfähig werden soll:
Wir haben dramatisch an wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit verloren. Und mich lässt das nicht kalt. Denn ich weiß: Alle die sozialen Ziele, die wir verfolgen, und die ökologischen Vorhaben, die unsere Gesellschaft hat, die haben eine Voraussetzung: nämlich ein stabiles wirtschaftliches Fundament. Und darum sorge ich mich. Und ich mache Vorschläge, wie wir dieses stabile wirtschaftliche Fundament wiedergewinnen.
Die staatlichen Subventionen müssten zurückgefahren werden – sowohl für Unternehmen als auch für Bürger:innen. Der Finanzminister betont, dass man auch unbedingt an der Schuldenbremse festhalten solle, denn sonst träfe das am Ende doch wieder die (arbeitenden) Bürger:innen am meisten:
Die Schulden von heute sind die Steuererhöhungen von morgen. Denn am Ende des Tages muss es immer jemand bezahlen, und das sind die Bürger!
Unternehmen sollten sich wieder mehr am Wettbewerb orientieren ...
Dazu dieser Wirtschaftswende gehöre auch, dass sich die Manager:innen der (großen) Unternehmen wieder stärker am Markt orientierten, um wettbewerbsfähig zu bleiben, statt erst mal zu schauen, welche Subventionen sie unter welchen Umständen erhalten könnten:
Manche Manager oder Unternehmer suchen den wirtschaftlichen Erfolg nicht mehr im Wettbewerb, sondern in der Nähe des Staatshaushaltes und seiner Subventionen. Die Erwartungen gegenüber dem Staat sind generell gewachsen.
... und Bürger das Bürgergeld nicht als "bedingungsloses Grundeinkommen" verstehen
Zeitgleich betont Lindner aber auch, dass das Bürgergeld dringend reformiert werden müsse. Denn so, wie es derzeit geregelt ist, sei es "nicht gerecht":
Wir stellen jetzt fest: Das Bürgergeld ist sehr stark erhöht worden, der Lohnabstand ist nicht mehr gegeben. Wir stellen fest, dass viele das Bürgergeld missverstehen als ein 'bedingungsloses Grundeinkommen'. Wir müssen aber immer daran erinnern: Das Bürgergeld ist gedacht, um einen Schicksalsschlag abzufedern. [...] Viele Menschen mit niedrigen Einkommen beklagen sich darüber, dass Bürgergeldempfänger den gleichen Lebensstandard haben [wie sie], ohne zu arbeiten. Das kann nicht sein, das ist nicht gerecht.
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Verwendete Quelle:
ARD: "Caren Miosga"; Gast: Christian Lindner (ausgestrahlt am 07.04.2024)