Mit dem Jahreswechsel sind auch die Regelsätze für das Bürgergeld gestiegen. Einigen Politiker:innen, vor allem aus den rechten und konservativen Parteien, ein Dorn im Auge. sie prangern einen "ausufernden Sozialstaat" an. Eine neue Statistik gibt nun Aufschluss darüber, ob die Kritik berechtigt ist.
"Hartz IV"-Nachfolger Bürgergeld: Umstrittene Erhöhungen und harte Kritik
Vor der deutliche Anstieg der Regelsätze (rund 12 %) für Sozialhilfe-Empfänger:innen stößt auf harsche Kritik. Dabei handelt es sich um eine Anpassung anhand der Daten zu gestiegenen Lebenshaltungskosten und Co..
Das häufig vorgebrachte Argument der Kritiker:innen: Die meisten Arbeitnehmer:innen könnten mit solchen Lohnerhöhungen nicht rechnen, man schaffe so vor allem im Niedriglohnbereich Anreize, zu kündigen – statt umgekehrt Leistungsempfänger:innen in Arbeit zu bringen.
Ein Jahr Bürgergeld: geforderte Änderungen und Gegenkritik
Aktuell beziehen rund 5,5 Millionen Menschen in Deutschland Bürgergeld – darunter auch solche, die zu jung, zu alt oder zu krank sind, um arbeiten zu gehen. Gerade für sie ist es wichtig, dass die Grundsicherung auch wirklich die wichtigsten Kosten deckt.
Zeitgleich werden Forderungen nach niedrigeren Regelsätzen und härtere Sanktionen bei Arbeitsverweigerung immer lauter. Dabei beträfe dieser Extremfall, so die DGB-Chefin Yasmin Fahimi, gerade einmal 8 500 Personen von den insgesamt 3,9 Millionen erwerbsfähigen Leistungsempfänger:innen – und wäre damit "nur Symbolpolitik angesichts weniger Einzelfälle".
Hubertus Heil denkt über mögliche Reformen nach
Die ein oder andere Reform will Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dennoch angehen. Unter anderem, weil auch sein Ministerium nun seinen Teil zu den Sparvorgaben der Bundesregierung beitragen muss. So wird wohl der Weiterbildungs-Bonus – zumindest vorübergehend – gestrichen werden.
Zudem hatte Heil ebenfalls über die vorübergehende Kürzung von Bezügen bei Jobangebotsverweigerung nachgedacht[nicht jedoch, wie einige Konservative über die gänzliche und dauerhafte Abschaffung; Anm.d.Red.], stößt aber auf heftige Kritik aus den eigenen Reihen.
... warnt aber zeitgleich davor, das Bürgergeld zu verteufeln und die Gesellschaft so zu spalten
Insgesamt zeigt er sich überzeugt von der Wirkkraft des Bürgergeldes – und warnt davor, dieses zu nutzen, um Teile der Gesellschaft gegeneinander auszuspielen und die Bevölkerung dadurch zu spalten:
Wir bringen mit dem Bürgergeld Menschen in Arbeit und sichern zugleich die Existenz von Menschen ab, die in Not sind und unsere Hilfe brauchen. [...] Die Äußerungen verschiedener konservativer Politiker sind kein Beitrag zur Lösung, sondern vergiften das gesellschaftliche Klima. Deutschland ist und bleibt ein sozialer Rechtsstaat. [...] Der beste Weg, Kosten beim Bürgergeld zu reduzieren, ist und bleibt es, Menschen in Arbeit zu bringen.
Anfrage der Grünen: Verleitet Bürgergeld wirklich "zum Daheimbleiben"?
Die neuen Zahlen rund um Arbeitslosigkeit und Bürgergeld scheinen Hubertus Heil zu bestätigen. Auf Anfrage der Grünen im Bundestag wurden nun entsprechend aktuelle Statistiken vorgelegt. Diese zeigen:
2023 gab es weniger "neue Leistungsempfänger:innen" als im Vorjahr (rund 54 000). Damit hat sich die Befürchtung einiger Arbeitgeberverbände, die Angestellten könnten aus Prinzip kündigen und stattdessen vom "viel zu hohen Bürgergeld" leben. Somit zeige sich, dass das Bürgergeld in der Regel nicht "zum Daheimbleiben" verleite, wie auch Frank Bsirske (Die Grünen, Ex-Verdi-Chef) noch einmal betonte:
Die Zahlen zeigen klipp und klar, dass weniger Menschen aus einem Job in das Bürgergeld gewechselt sind als jemals zuvor. [...] Das Bürgergeld sichert das Existenzminimum, wenn Menschen in Deutschland in eine Notlage geraten oder ihren Job verlieren.
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Verwendete Quellen:
BMAS: Das Bürgergeld im Faktencheck
Deutschlandfunk: Ein Jahr Grundsicherung: Wie es mit dem Bürgergeld weitergeht
Spiegel: Sozialstaat: Seit Einführung des Bürgergelds weniger Wechsel von Arbeit in staatliche Sicherung