In der fränkischen Kleinstadt Röttingen (Landkreis Würzburg) kam es am Sonntag zu einem kleinen, aber feinen Demokratie-Wunder: Steffen Romstöck (44) wurde mit knapp 52 Prozent der Stimmen zum neuen Bürgermeister gewählt – obwohl er gar nicht auf dem Wahlzettel stand! Wie das möglich ist? Ganz einfach: Die Bürger schrieben seinen Namen per Hand darauf. Und dadurch bekam Röttingen schließlich einen neuen Bürgermeister, den so keiner kommen gesehen hatte.
Demokratie mal anders: Überraschungssieg eines 44-Jährigen
Dabei schien der Wahlausgang eigentlich klar sein: Nur ein Kandidat, Jürgen Boier (CSU), wurde offiziell auf den Wahlzettelgedruckt. Doch das schien den Röttingern nicht genug. Sie wollten anscheinend keine Wahl, bei der es nichts zu wählen gibt.
Also starteten sie eine ungewöhnliche Initiative – via WhatsApp! In lokalen Gruppen wurden Anleitungen verteilt, wie man Romstöcks Namen korrekt auf den Stimmzettel kritzeln kann. Eine Revolution 2.0, nur mit weniger Barrikaden und mehr Smartphones.
Steffen Romstöck: Der unfreiwillige Kandidat
Was sagt der Überraschungssieger selbst dazu? Romstöck, der seit 2020 im Stadtrat sitzt, war gar nicht mal so wild auf den Bürgermeisterposten. Tatsächlich wurde er zuvor gefragt, ob er kandidieren möchte, aber lehnte dankend ab – er war mit seiner Stelle an der Universität Würzburg sehr zufrieden. Deshalb habe der 44-Jährige auch keinen Wahlkampf betrieben.
Doch als ihm die Möglichkeit der handschriftlichen Wahl offenbart wurde, reagierte er gelassen: „Ich kann euch nicht daran hindern, aber ich werde nicht kneifen“, erklärte er. Gesagt, getan: Am Donnerstag räumte er bereits sein Büro an der Uni.
Kann man so überhaupt gewinnen?
Klingt wie ein Regelverstoß? Nicht in Bayern! Das bayerische Wahlrecht erlaubt bei Wahlen mit nur einem zugelassenen Kandidaten, andere Namen auf dem Stimmzettel hinzuzufügen (Art. 40 Bayerisches Gemeindewahlgesetz). Und genau mit diesem Kniff wurde jetzt in Röttingen Geschichte geschrieben. Anders als bei Bundes- oder Landtagswahlen ist hier also tatsächlich alles regelkonform – ein Triumph für die Kreativität der Wähler.
Die CSU nahm die unerwartete Niederlage sportlich. Staatskanzleichef Florian Herrmann kommentierte: „In Bayern ist die Demokratie auf kommunaler Ebene besonders lebendig.“ Auch Politologe Heinrich Oberreuter sieht in diesem Wahlergebnis eine positive Botschaft: Es sei ein Zeichen gelebter Demokratie, aber auch eine Warnung an lokale Parteien, ihre Kandidatenwahl sorgfältiger zu überdenken.
Bayern wählt gerne mal unkonventionell
Röttingen bleibt nicht allein mit kuriosen Wahlgeschichten. In der bayrischen Gemeinde Trausnitz (Landkreis Schwandorf, Oberpfalz) stand auf dem Wahlzettel überhaupt kein Kandidat. Ergebnis? Die Bürger schrieben insgesamt 42 verschiedene Namen auf den Stimmzettel. Die beiden mit den meisten Stimmen müssen jetzt in die Stichwahl. Wenn das mal keine lebendige Demokratie ist!
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Verwendete Quellen:
Bild.de: Bürgermeister in Bayern: Er stand nicht auf dem Wahlzettel und gewinnt trotzdem
Br.de: Kuriose Wahl: Neuer Bürgermeister stand nicht auf Stimmzettel