Allein über die Steuererklärung zu sprechen, ist für manche ein Tabuthema. Viele Deutsche scheuen sich davor, diese jährlich in Angriff zu nehmen und schieben sie immer weiter nach hinten. Auch wenn die Steuerrückerstattung ankommt, ist die Ernüchterung oft groß: Viele Bürgerinnen und Bürger erwarten sich mehr. Dabei kann man so viel aus der Steuererklärung herausholen, wie Peter Schmitz, Geschäftsführer der WISO Steuer weiß.
Im Interview mit spot on news gibt der Steuerexperte Tipps und verrät ungewöhnliche Dinge, die sich tatsächlich von der Steuer absetzen lassen.
Einige Deutsche arbeiten aktuell an ihrer Steuererklärung - für die meisten ein lästiges Thema. Haben Sie Tipps, wie man effizient und schnell an seiner Steuererklärung arbeiten kann?
Peter Schmitz: Wichtige Dokumente wie Gehaltsabrechnungen, Belege für Ausgaben, Spendenbescheinigungen usw. sollten griffbereit sein. Eine gut organisierte Datei oder ein Ordner kann viel Zeit und Mühe sparen, indem man nicht nach den einzelnen Dokumenten suchen muss.
Eine Steuersoftware hilft, die Steuererklärung systematisch und fehlerfrei auszufüllen. WISO Steuer etwa führt Schritt für Schritt durch den Prozess und gibt Tipps zum Sparen.
Wer es noch nicht gemacht hat, sollte den Datenabruf vom Finanzamt beantragen. Damit lassen sich etwa Lohnsteuer, Krankenversicherung oder Lohnersatzleistungen automatisch in die Steuererklärung eintragen.
Gehen Sie die ausgefüllte Steuererklärung sorgfältig durch, um Fehler oder fehlende Angaben zu vermeiden. Das vermeidet unnötige Nachfragen des Finanzamts.
Die Online-Abgabe spart nicht nur den Gang zur Post. In der Regel werden die elektronisch eingereichten Steuererklärungen bevorzugt bearbeitet - und die Erstattung ist schneller auf dem Konto.
Stimmt es, dass die Finanzämter dieses Jahr durch die Energiepreispauschale mehr Steuererklärungen erwarten als sonst?
Schmitz: Wegen der Energiepreispauschale könnte es sein, dass Finanzämter mehr Steuererklärungen zu bearbeiten haben als üblich. Denn wer trotz Anspruch die Pauschale im letzten Jahr nicht von seinem Arbeitgeber erhalten hat, kann den Bonus über die Steuererklärung einfordern. Die Pauschale kommt dann als Steuerrückerstattung. Zu dieser Gruppe gehören auch Rentner und Studenten mit einem Minijob, die bisher keine Steuererklärung abgeben mussten.
Die Inflation macht uns allen zu schaffen. Deshalb wollen die meisten so viel wie möglich durch ihre Steuererklärung zurückbekommen. Was lässt sich außerhalb der üblichen Kosten noch von der Steuer absetzen?
Schmitz: Es gibt viele Ausgaben, die sich von der Steuer absetzen lassen und somit für eine höhere Rückzahlung sorgen können. Doch gerade in Zeiten steigender Preise und Inflation kann jeder Euro, den wir durch die Steuererklärung zurückbekommen, ein kleiner Lichtblick sein.
Als Entlastung für alle, die kein häusliches Arbeitszimmer haben, gibt's die Homeoffice-Pauschale: Mit 5 Euro pro Homeoffice-Tag (maximal 120 Tage im Jahr) dürfen Arbeitnehmer die Kosten über die Steuererklärung für das Jahr 2022 abrechnen. Tipp: Neben der Pauschale kann man auch Arbeitsmittel wie Schreibblöcke, Stifte oder Büromöbel sowie die IT-Ausrüstung absetzen - on top.
Auch die Kosten für Telefon- und Internetanschluss gibt es zusätzlich zu der Homeoffice-Pauschale. Die Gebühren für Internet, Festnetz und Smartphone können für die Zeit im Homeoffice mit 20 Prozent der Gesamtkosten pauschal angesetzt werden. Der Höchstbetrag liegt hier bei 20 Euro pro Monat.
Für die Tage, an denen man ins Büro gefahren ist, sollte die Pendlerpauschale angesetzt werden. Pro gefahrenen Kilometer lassen sich so 0,30 Euro für die einfache Strecke von der Steuer absetzen. Seit 2022 ist für längere Arbeitswege sogar mehr drin: 0,38 Euro ab dem 21. Kilometer.
Alternativ kann es sich für einige lohnen, ein Zimmer zum Arbeitszimmer umzubauen. Die Kosten wie Miete, Strom usw. werden dann anteilig nach Wohnfläche bei der Steuer angerechnet. Im Ergebnis kommt in der Regel ein höherer Betrag als die Homeoffice-Pauschale heraus.
Tipp: Wer ein Zimmer umfunktioniert und damit ein Arbeitszimmer geschaffen hat, kann die Renovierungskosten ebenfalls bei der Steuer ansetzen. Mit Handwerkerleistungen ist ein jährlicher Steuervorteil von bis zu 1.200 Euro möglich.
Selbst bezahlte Behandlungen, Medikamente oder medizinische Hilfsmittel können erst ab einer gewissen Höhe steuerlich berücksichtigt werden. Hierzu muss erst die Grenze der sogenannten zumutbaren Belastung geknackt werden. Die Grenze wird individuell berechnet, hier spielen der Familienstand und Anzahl der Kinder die entscheidende Rolle.
Direkte Spenden an Straßenmusiker oder Kollekten in der Kirche lassen sich zwar nicht absetzen, Spenden an steuerbegünstigte Organisationen wie gemeinnützige Vereine und Stiftungen, Universitäten und Schulen dagegen schon. 20 Prozent vom Gesamtbetrag der Einkünfte lassen sich so von der Steuer absetzen. Je höher das Einkommen ist, desto mehr spart man.
Was sind Ihrer Meinung nach die ungewöhnlichsten Dinge, die man von der Steuer absetzen kann?
Schmitz: Außergewöhnliche Steuerabzüge, an die nicht sofort jeder denkt, gibt es zahlreiche. Hier einige Beispiele:
Künstliche Befruchtung: Einen Teil der Kosten für eine künstliche Befruchtung können sich die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen über die Steuererklärung zurückholen. Allerdings nur den Teil, den die Krankenkasse nicht erstattet hat. Es können zudem nur Behandlungen abgesetzt werden, die in Deutschland zugelassen sind.
Haustierbetreuung: Die Ausgaben für den Katzen- oder Hundesitter werden bei der Steuererklärung als haushaltsnahe Dienstleistung akzeptiert. 20 Prozent des Rechnungsbetrags werden angerechnet, aber maximal 4.000 Euro.
Unterhalt für Kinder: Für Kinder, für die kein Anspruch auf Kindergeld (mehr) besteht, kann der Unterhalt von der Steuer abgesetzt werden. Konkret gilt dies für Kinder, die volljährig sind und keine Ausbildung machen (schulisch oder beruflich), für Kinder, die bereits eine (Berufs-)Ausbildung absolviert haben, sowie für Kinder, die noch in der Ausbildung und über 25 Jahre alt sind.
Oma als Babysitter: Wenn die Großeltern oder andere Verwandte für die Kinderbetreuung einspringen, können die Kosten dafür als Kinderbetreuungskosten abgesetzt werden. Wenn die Großeltern kein Geld nehmen wollen, können Sie auch nur die Fahrtkosten (0,30 Euro pro Kilometer) erstatten und in der eigenen Steuererklärung absetzen. Damit das Finanzamt die Kosten anerkennt, sollten Sie eine schriftliche Vereinbarung sowie Überweisungen vorlegen können.
Fahrtkosten zu Arzt und Apotheke: Auch diese können in der Steuererklärung abgesetzt werden. Sie zählen zu den sogenannten außergewöhnlichen Belastungen. Sie können jede Fahrt zum Arzt oder Apotheker mit 0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer ansetzen. Das kann sich übers Jahr ganz schön aufsummieren.
Kosten für den Schulhund: Lehrer, die ihren privaten Hund im Rahmen eines sog. Schulhund-Konzeptes regelmäßig im Unterricht einsetzen, dürfen die Kosten dafür teilweise in ihrer Steuererklärung berücksichtigen. Maximal können sie so die Hälfte der Kosten als Werbungskosten absetzen.
Welche Belege und Dokumente sollte ich stets aufheben, um Kosten in der Steuererklärung geltend zu machen?
Schmitz: Hier gilt: Je bedeutender ein Sachverhalt ist, desto eher will das Finanzamt Nachweise sehen. Als bedeutend gilt ein Sachverhalt in der Regel, wenn er
neu, erstmalig oder einmalig ist,
einen außergewöhnlichen (Geschäfts-)Vorfall darstellt,
sich gegenüber dem Vorjahr erheblich ändert,
eine spürbare steuerliche Nachwirkung nach sich zieht.
Daher sind unter anderem folgende Belege für die Steuererklärung wichtig:
Werbungskosten (zum Beispiel Belege für Arbeitsmaterialien, Fachliteratur oder Fahrtkosten),
Sonderausgaben (zum Beispiel Krankenversicherung, Riester-Vertrag oder Spenden),
außergewöhnliche Belastungen (zum Beispiel Bescheinigung über einen Krankenhausaufenthalt, Rezepte),
Handwerkerleistungen (zum Beispiel Handwerkerrechnung für Renovierungsarbeiten),
haushaltsnahe Dienstleistungen (zum Beispiel Haushaltshilfe),
Verträge und Vereinbarungen, die mit steuerlich relevanten Transaktionen verbunden sind, wie zum Beispiel Mietverträge, Darlehens- oder Altersvorsorgeverträge,
Nachweise für Spenden: Wer Spenden von der Steuer absetzen möchte, benötigt Nachweise. Bei Beträgen bis zu 300 Euro (je Spende) reicht als Nachweis der Einzahlungsbeleg, der Kontoauszug oder ein PayPal-Nachweis. Höhere Spenden müssen mit der sogenannten Zuwendungsbestätigung von der begünstigten Organisation belegt werden.
Achtung: Die Belege nur auf Nachfrage seitens des Finanzamtes schicken. Werden die Belege gleichzeitig mit der Steuererklärung eingereicht, kann es sein, dass das Finanzamt diese zunächst ungeprüft zurücksendet und später wieder anfordert.