Mit der Coronakrise ist es in nur wenigen Monaten zu unserem ständigen Begleiter geworden: Desinfektionsmittel. Es wird uns ans Herz gelegt, dass wir uns häufig die Hände zu desinfizieren, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Nun könnte das Mittel aber im Sommer unsere Gesundheit gefährden, wenn man den Angaben spanischer Dermatologen in einem am 17. Juni in der spanischen Tageszeitung El Mundoveröffentlichten Artikel Glauben schenken mag.
Lösungen mit einem Alkoholgehalt von 70 bis 80 %
Das hat einen bestimmten Grund: In Deutschland besteht Desinfektionsmittel meist zu 70 bis 80 % aus Alkohol. Deshalb kann es verschiedene Hautreaktionen hervorrufen, wenn man sich für längere Zeit in der Sonne aufhält. Diese können von einem einfachen Austrocknen der Haut bis hin zu Hautverbrennungen gehen. Auch eine Hyperpigmentierung bestimmter Hautstellen ist möglich, bei der dunklere Flecken auf der Haut erscheinen, besonders, wenn das Desinfektionsmittel ätherische Öle oder Parfum enthält.
Das Risiko wird laut den Dermatologen von der Tatsache erhöht, dass das Mittel meist farb- und geruchlos ist. Dies erweckt "den falschen Eindruck, dass es vollständig von der Haut eingezogen wird", obwohl das Produkt sehr wohl noch auf der Hautoberfläche ist. Die Experten empfehlen deshalb einfach ein regelmäßiges und gründliches Händewaschen mit Wasser und Seife. Dabei handle es sich um "eine Sicherheitsmaßnahme gegen die Infektion mit dem Coronavirus, die kein Gesundheitsrisiko für unsere Haut darstellt".
Die Experten sind geteilter Meinung
In einem Gespräch mit DNA versichert der Schweizer Professor Didier Pittet, der gleichzeitig der Erfinder des Desinfektionsgels ist, dass diese Angaben falsch seien:
Es besteht kein Grund zur Sorge, denn sobald das Gel auf die Hände aufgetragen wurde, werden die Bakterien abgetötet. Danach verdunstet es vollständig: Bereits nach zwanzig bis dreißig Sekunden sind keine Rückstände mehr vorhanden. Ich sehe keine Möglichkeit, wie es bei korrekt aufgetragenem Gel zu einer Wechselwirkung kommen könnte. Ich habe jedenfalls in meiner gesamten Laufbahn noch nie von Hautverbrennungen aufgrund von Sonneneinstrahlung gehört.
Diese Meinung teilt seine französische Kollegin Dr. Martine Baspeyras, Dermatologin in Bordeaux, jedoch ganz und gar nicht, wie in einem Gespräch mit der Zeitung Sud Ouest deutlich wird: "Ich warne meine Patienten. Bevor sie an Desinfektionsmittel denken, ist es besser, sich ganz einfach die Hände zu waschen, mit Wasser und Seife." Desinfektionsmittel sei "in Maßen zu verwenden", also nur, "wenn es keine andere Möglichkeit gibt".
"Übermäßige Verwendung ist schädlich"
"Ich sage nicht, dass man kein Desinfektionsgel verwenden soll, aber eine übermäßige Verwendung ist schädlich, da es doch [in Frankreich] 60 bis 70 % Alkohol enthält. Derzeit verwenden es die Menschen viel zu häufig und auch nicht fachgerecht. Man muss darüber nachdenken, was man tut", fährt sie fort.
Sie betont außerdem, dass das Mittel nicht so schnell verdunstet wie angegeben: "Mit dem Verdunsten der Wasserbestandteile entsteht manchmal ein erfrischender Eindruck, der aber ein Trugschluss ist. Es bleibt immer etwas auf der Hautoberfläche zurück."