Bist du eher ein absoluter Romantiker oder überzeugter Single? In unserer Gesellschaft werden uns regelmäßig die Vorzüge einer festen Beziehung aufgezeigt, nicht zuletzt durch die Helden unserer Kinofilme, von denen 90% nur genau dieses Ziel verfolgen. Doch auch wenn es den Märchenfiguren missfallen wird, scheinen die Forschungsergebnisse darauf hinzudeuten, dass das Singleleben mehr als nur einen Vorteil zu bieten hat.
Ein Leben als Single
Bella DePaulo, Psychologin der Universität von Kalifornien, ist zur absoluten Fürsprecherin eines Lebens als Single geworden. Sie reiste durch die USA, um Ihren Standpunkt deutlich zu machen und Forschungsergebnisse zu bestärken, die ihrer Meinung nach viel zu häufig von der Psychologengemeinschaft abgetan werden. Die 63-jährige DePaulo hat ihr Leben als Alleinstehende verbracht. Eine Lebensweise, die in einer Welt, in der immer mehr Ehen geschieden werden, durchaus eine Überlegung wert ist.
Gegenüber der Seite Business Insider veranschaulichte sie, inwiefern die Heiratskultur schon im jungen Alter in den Lebensvorstellungen der Amerikaner verankert wird. "Die Ehe ist die Antwort auf die allgemeine Sorge aller Alleinstehenden, niemanden zu finden, mit dem man sein Leben verbringen kann", erklärte sie feierlich, bevor sie mit einem Zwinkern hinzufügte: "Dies gilt allerdings nicht für mich."
Ihrer Meinung nach, gibt es heute noch immer nur sehr wenige Menschen, die davon überzeugt sind, dass man Single sein und das auch genießen kann. Anhand einer Studie zeigt DePaulo, dass wir dazu neigen, sowohl die Freude überzubewerten, die wir aus einer Ehe zögen, als auch die Trauer, die sich aus einem Leben alleine ergäbe. Tatsächlich zeigen die Zahlen nämlich, dass sich das Maß an Glück beider Kategorien kaum unterscheidet und bei verheirateten Personen, die geschieden wurden, sogar niedriger ist.
Ein viel bedeutsamer Freundeskreis
Im Jahr 2015 beschlossen die Soziologen Natalia Sarkisian und Naomi Gerstel, die Beziehungen zu untersuchen, die Alleinstehende zu ihren Freunden, Familienmitgliedern und Nachbarn haben. Die Ergebnisse zeigen, dass diese Personen, unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer sozialen und beruflichen Situation, viel engere und aktivere Beziehungen zu ihrem Umfeld pflegen, dass sie nahestehenden Personen häufiger helfen und dass man ihnen auch eher hilft als Verheirateten.
Darüber hinaus scheint einer 2008 veröffentlichten Studie zufolge ein regelmäßiger Kontakt zu 10 oder mehr Personen deutlich glücklicher zu machen, als nur wenige Freunde zu haben. Ein weiterer Artikel aus dem Jahr 2017 unterstreicht, dass Freundschaften, die außerhalb des familiären Kreises geführt werden, im Alter immer mehr an Bedeutung zunehmen. "Einige sehr gute Freunde zu haben, kann von unschätzbarem Wert für Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden sein", erklärt der Autor des Artikels.
Melikşah Demir und Ingrid Davidson setzten sich mit ihrer 2012 erschienen Forschungsarbeit das Ziel, die Gründe für den Zusammenhang zwischen Freundschaft und Glück zu untersuchen. Im Zuge dessen fanden sie heraus, dass obwohl die Beweggründe für eine Freundschaft alle auf positive Weise mit einem positiven Befinden verbunden sind, auch die Suche nach der Befriedigung der eigenen Bedürfnisse und nach einer Reihe einzigartiger Eigenschaften eine besonders wichtige Rolle dabei spielt, wie viel Freude uns eine Freundschaft bereitet.
Mehr Zeit für Kreativität
Viele Studien zeigen auf, dass das Alleinsein auch mit einem Gefühl der Freiheit und mit größeren künstlerischen Fähigkeiten verbunden ist. Der Psychotherapeutin Amy Morin zufolge, stärkt Alleinsein die Produktivität: "Nur weil man Zeit alleine verbringt, muss man sich nicht automatisch einsam fühlen. Diese Zeit kann ausschlaggebend dafür sein, sich selbst besser kennenzulernen."
Im Rahmen einer Präsentation vor der Amerikanischen Psychologenvereinigung (APA) zeigte DePaulo auf, dass Singles viel häufiger das Gefühl haben, ihr Leben unter Kontrolle zu haben und dass sie sich emotional und psychologisch besser weiterentwickeln können. Sie räumt allerdings ein, dass in fast allen ihrer 814 Studien zum Aufzeigen der Vorteile des Singlelebens das Beziehungsleben als Vergleich herangezogen wurde.
Eine bessere körperliche Gesundheit
Außerdem scheint es, dass Verheiratete dazu neigen, sich gehen zu lassen, zumindest in Bezug auf die körperliche Betätigung. Eine Studie mit 13.000 Teilnehmern zwischen 18 und 64 Jahren ergab, dass Personen die noch nie verheiratet waren viel regelmäßiger Sport treiben als Geschiedene.
2015 verglichen Forscher des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung den Body-Mass-Index (BMI) von 4.500 Menschen aus neun europäischen Ländern. Das Ergebnis: Singles weisen einen etwas niedrigeren BMI auf als Verheiratete. Im Durchschnitt wiegen Letztere 2,26 kg mehr als ihre alleinlebenden Mitmenschen.
Kurzum, auch wenn das Beziehungsleben Vorteile mit sich bringt, so steht das Singledasein diesem in nichts nach. "Der Glaube, als Single sei man einsam und unglücklich und man wünsche sich nichts sehnlicher, als in einer Beziehung zu sein, ist ein Irrglaube", schließt DePaulo.