Deutschland ringt wie seine europäischen Nachbarn mit hohen Infektionsraten und einer Überlastung der Krankenhäuser. Dennoch gibt es immer wieder Kommunen, in denen niemand am Coronavirus erkrankt. Wird dort alles besser gemacht als anderswo oder ist das reine Glückssache?
Das "Wunder von Lieg"?
Im Hunsrück-Mittelgebirge in Rheinland-Pfalz liegt nicht weit von der Mosel entfernt die 400-Seelen-Gemeinde Lieg. Das Besondere an dem Ort ist, dass es in Lieg in den letzten 14 Monaten keine einzige Corona-Infektion gegeben hat. Man spricht deshalb vom "Wunder von Lieg".
Zählt der Ort zwar nur 400 Einwohner, sind viele von diesen aber Pendler. Es handelt sich also nicht um ein Dorf unter einer hermetischen Käseglocke. Ortsbürgermeister Heinz Zilles freut sich, wie die Deutsche Welle berichtet:
Wir haben ein riesengroßes Glück bislang gehabt, natürlich ist das immer noch eine Momentaufnahme. Vielleicht haben wir auch einen Schutzengel da oben, der sagt, wir lassen dieses Dorf in Ruhe.
Kein Wunder, sondern Achtsamkeit und gegenseitiger Schutz
Wunder sind in Zeiten einer Pandemie eher in Grenzen gehalten, so führt Bürgermeister Zilles das Rezept des unglaublichen Erfolges seiner Gemeinde auf folgende "Zutaten" zurück:
Das, was die Politik oft proklamiert, aber nicht umsetzt, das nehmen wir selbst in die Hand […]. Wir haben eine tolle Dorfgemeinschaft, viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die sofort da sind und anpacken. Alle sehen sich als Teil des Teams Lieg und machen mit.
Die Menschen vor Ort haben also von Anfang der Pandemie an den Ernst der Stunde erkannt. So haben Jugendliche im Ort auch schnell den Einkaufsservice "Jung für Alt" eingerichtet, ein anderes Team erkundigt sich regelmäßig nach dem Wohlbefinden älterer Menschen.
Damit die Frischluftversorgung in der örtlichen Grundschule ausreichend ist, haben die Eltern Geld für zwei Raumluftfilter gesammelt, wie der Bürgermeister den Zusammenhalt und das Engagement im Interview mit der FAZ hervorhebt.
Corona-Teststation der örtlichen Feuerwehr
Wie in vielen Dörfern, kennen sich die Menschen in Lieg und passen aufeinander auf. Verbindet sich dieses vorbildliche "Aufeinander-Aufpassen" mit aufgeklärter Achtsamkeit, kann Erstaunliches geleistet werden:
In Lieg gibt es keinen einzigen Corona-Leugner […] die Menschen halten sich an die Regeln, sind vernünftig und diszipliniert und akzeptieren, dass wir es mit einer weltweiten Pandemie mit einer sehr großen Tragweite zu tun haben.
In diesem Sinn haben sich die Einwohner der Gemeinde auch über die Einrichtung einer Corona-Teststation durch die örtliche Feuerwehr gefreut. Am Nachmittag zwischen 15 und 17 Uhr können sie sich jetzt einmal die Woche testen lassen, ein paar Minuten später erhalten sie ihr Ergebnis.
Freude auf die Zeit nach der Corona-Pandemie
Heinz Zilles hat sich das Ziel gesetzt, dank des gegenseitigen Respekts und der eingehaltenen Schutzmaßnahmen, den Ausnahmestatus seiner Gemeinde bis zum Ende der Pandemie durchzuhalten:
Wenn wir es tatsächlich schaffen, ohne Corona-Infektionen aus der Pandemie herauszukommen, steigt hier ein riesiges Dorffest.
Auch die lokalen Anbieter von Ferienwohnungen hoffen, dass der vorbildliche Ruf von Lieg auch nach der Corona-Zeit anhält und viele neue Urlauber ins Dorf lockt. Das wird dann auch wieder etwas Geld in die jetzt leeren Kassen spülen.