Wenn euch Unser Vater - Dr. Cline gefallen hat, in dem es um die schreckliche Geschichte eines Fruchtbarkeitsarztes geht, der hundert Kinder gezeugt hat, dann sollte ihr auf keinen Fall Der Mann mit 1000 Kindern verpassen! Die Thematik ist recht ähnlich, da die drei Episoden den Fall des Schweden Jonathan Meijer aufgreifen, der nicht nur in seinem Land, sondern auch auf der ganzen Welt vermehrt Samenspenden vermittelt hat. Man schätzt, dass er der Erzeuger von etwa 3.000 Kindern sein könnte.
Ein gut organisierter "Serienspender"
Aber wie kann ein einzelner Mann der Vater von so vielen Kindern sein, wenn die Samenbanken die Anzahl der Spenden begrenzen? Ganz einfach, indem er die Regeln umgeht. So meldete sich Jonathan Meijer bei elf Einrichtungen gleichzeitig an, wodurch er in jeder von ihnen das berühmte Limit erreichen konnte. Außerdem beschränkten sich die Machenschaften dieses "Serienspenders" nicht auf die Niederlande. Da einige dieser Einrichtungen Sperma in die ganze Welt verkauften, konnte der Samen des Schweden in mehrere Länder exportiert werden.
Jonathan Meijer konnte aber auch deshalb so viele Nachkommen zeugen, weil er eine Vielzahl von privaten Spenden getätigt hat. Über eine Website mit dem Namen Kindertraum in den Niederlanden wurde er von Frauen kontaktiert, die sich einen Sohn oder eine Tochter wünschten. Nach der ersten Kontaktaufnahme verabredete sich der junge Mann mit ihnen, und in den meisten Fällen war sein Charme ein Volltreffer: strahlend blaue Augen, langes blondes lockiges Haar, perfekt ausgerichtete weiße Zähne und eine athletische Figur - Jonathan Meijer ist das, was man einen gut aussehenden Mann nennt, und diese vorteilhafte genetische Ausstattung überzeugt. Zumal der Spender verspricht, dass er bereit ist, mit Kindern, die wissen wollen, wer ihr Vater ist, in Kontakt zu bleiben.
Ein Kindheitstraum wurde zum Albtraum
Die Erzählweise und die Regie von Der Mann mit 1000 Kindern sind klassisch und erinnern an viele der von Netflix angebotenen Dokumentarfilme, wie z. B. Unser Vater - Dr. Cline, aber auch Der Tinder-Schwindler oder Don't F**k with Cats. Wie bei den letztgenannten Filmen ist das Thema dennoch erschreckend. Wie Eve Wiley, eine Aktivistin gegen Fruchtbarkeitsbetrug, erklärt, "sind die Welpen- und Viehzucht viel stärker reguliert als die Fruchtbarkeitsindustrie und die Samenspenden".
Vor allem aber nimmt der Fall eine noch gruseligere Wendung, als der Dokumentarfilm eine Absprache zwischen Jonathan Meijer und einem anderen Spender erwähnt, die es sich zur Gewohnheit gemacht haben, sich zu treffen, um ihr Sperma zu mischen, bevor sie zu einer Frau gehen, was einer Art "russischem Spermienroulette" gleichkommt. Denn wenn sie ihre Insemination durchführt, hat sie keine Möglichkeit zu erfahren, wer der wahre Vater ihres Kindes ist.
Der Mann mit 1000 Kindern ist reich an Zeugenaussagen und lässt zahlreiche Opfer von Jonathan Meijer zu Wort kommen. Sie alle berichten von ihrer Verzweiflung und Wut über die Taten des Serienspenders, weisen aber auch auf die Folgen hin, die noch auf sie zukommen werden.
Denn wenn Kinder, die durch eine Samenspende von Jonathan Meijer geboren wurden, im selben Viertel wohnen und manchmal die gleiche Universität besuchen, ist die Wahrscheinlichkeit nicht unerheblich, dass sich zwei von ihnen verlieben, ohne zu wissen, dass sie Halbgeschwister sind. Wenn sie Kinder zeugen, ist das Risiko der Inzucht also nicht zu unterschätzen.
"Ich muss meiner Tochter beibringen, jede neue Person, die sie kennenlernt, zu fragen: 'Kommst du von einem Spender?'", sagt eine der Zeuginnen und fasst damit die Gemütslage aller Eltern zusammen, deren Kindertraum zum Albtraum geworden ist. Selbst Hollywood hätte sich ein solch verdrehtes Szenario wahrscheinlich nie vorstellen können!
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Verwendete Quelle:
Netflix: Der Mann mit den 1000 Kindern
Aus dem Französischen übersetzt von Gentside Frankreich