Haben wir Covid-19 zu früh für bezwungen erklärt? Während die Lockerungsmaßnahmen in Deutschland und anderen Ländern Europas zum Großteil immer weiter fortschreiten, beschleunigt sich die Verbreitung des Coronavirus weltweit weiterhin, mit "einer Million Neuinfektionen in nur acht Tagen", laut Angaben von Tedros Adhanom Ghebreyesus, dem Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Angesichts dieser beunruhigenden Situation schlägt die WHO Alarm und ruft die Regierungen weltweit dazu auf, dem Virus weiterhin mit voller Schlagkraft entgegenzutreten.
"Wir wissen, dass die Pandemie weit mehr ist als eine reine Gesundheitskrise: Sie ist auch eine Wirtschaftskrise, eine soziale Krise und in vielen Ländern eine politische Krise. Ihre Auswirkungen werden über Jahrzehnte spürbar sein", so Tedros Adhanom Ghebreyesus im Rahmen einer vom Emirat Dubai organisierten virtuellen Konferenz.
Neun Millionen Fälle, nahezu 470.000 Tote
Laut den zuletzt durch die WHOveröffentlichten Angaben gibt es weltweit mittlerweile mehr als neun Millionen offizielle Covid-19-Fälle. Davon sind mehr als die Hälfte in Europa und den USA zu verzeichnen. Es sind mindestens 469.000 Menschen bereits am Coronavirus gestorben, seit China das Auftreten der Krankheit im Dezember bekanntgibt.
Der amerikanische Kontinent ist am härtesten betroffen: Allein in Brasilien sind mittlerweile mehr als 51.000 Menschen gestorben, es gibt dort mindestens eine Million Infizierte. In den Riesenmetropolen Sao Paulo und Rio de Janeiro ist die Lage am schlimmsten. Mexiko hat bereits mehr als 20.000 Todesfälle zu beklagen, Argentinien 1.000 und Peru 8.000.
Afrika wappnet sich für das Coronavirus
Bisher hält sich der Covid-19-Ausbruch auf dem afrikanischen Kontinent in Grenzen, doch manche Länder erhalten bereits einen Vorgeschmack auf die brutale Entwicklung, die die Krankheit dort nehmen kann. Dies ist etwa in Südafrika der Fall, wo bereits mehr als 100.000 Menschen an Covid-19 erkrankt und beinahe 2.000 daran gestorben sind. Trotz dieser schlimmen Bilanz liegt die Sterblichkeitsrate des Virus in Südafrika "nur" bei 2 % und 52,6 % der Infizierten sind bereits genesen.
Asien kämpft mit der zweiten Welle
In Festlandchina werden laut Angaben der chinesischen Gesundheitsbehörden letzten Montag 18 neue Infektionen verzeichnet. Die Hälfte der Neuinfektionen treten in Peking auf, wo nach der Entdeckung mehrerer Infektionsherde erneut Ausgangsbeschränkungen verhängt werden, um eine Verbreitung des Virus zu vermeiden.
Um das Coronavirus so gut wie möglich in den Griff zu bekommen, entscheidet sich die Stadtverwaltung dafür, je nach Stadtviertel unterschiedliche Maßnahmen zu ergreifen. Peking konzentriert sich beim Testen außerdem ganz besonders auf die Personen, die das Virus am ehesten verbreiten können, also etwa auf Angestellte der Gastronomie oder Mitarbeiter von Lieferdiensten. Mit Stand 20. Juni hat Peking bereits an die 2,3 Millionen von seinen 20 Millionen Einwohnern getestet.
Südkorea gibt an, seit Mitte Mai gegen eine "zweite Welle" des Coronavirus anzukämpfen. Pro Tag werden 35 bis 50 neue Fälle verzeichnet, besonders in Seoul und Umgebung. Social-Distancing-Maßnahmen werden Ende Mai nach Auftreten der neuen Infektionsherde ergriffen. Die meisten unter den neu verzeichneten Fällen in den letzten drei Wochen sind jedoch "importiert".
Zukünftige Pandemien vorhersehen
Der WHO-Chef ruft die Regierungen und Gesellschaften weltweit schließlich dazu auf, sich auf etwaige zukünftige Pandemien vorzubereiten:
[Zukünftige Pandemien] können in jedem beliebigen Land zu jedem beliebigen Zeitpunkt auftreten und Millionen von Menschen töten, weil wir nicht darauf vorbereitet sind. Wir wissen nicht, wo oder wann die nächste Pandemie kommt, aber wir wissen, dass sie eine schreckliche Auswirkung auf Leben und Wirtschaft weltweit haben wird.