Die Berliner Charité und das Deutsche Rheuma-Forschungszentrum Berlin haben ihre gemeinsame Studie im Fachmagazin Nature veröffentlicht. Ihre Erkenntnisse könnten sich als Meilenstein in der Erforschung des Coronavirus' erweisen.
Ein Botenstoff macht den Unterschied
Der Studie nach ist der Botenstoff TGFβ ausschlaggebend. Dieser Botenstoff wird vom menschlichen Körper normalerweise am Ende einer Erkrankung ausgeschüttet, um das Immunsystem nach dem Alarmzustand wieder herunterzufahren.
Bei Covid-19 irrt der Körper mancher Patient:innen aber offenbar. Er schüttet den Botenstoff bereits zu Beginn der Infektion aus. Ergebnis: Das Immunsystem fährt nicht hoch und die "frühe Bekämpfung des Erregers" funktioniert nicht, wie die Charité erklärt.
Ungewöhnliches Phänomen
Die Forscher:innen zeigen sich durchaus selbst überrascht von ihren Erkenntnissen. Denn das Phänomen ist ungewöhnlich. Co-Autor Mario Witkowski erklärt gegenüber der Berliner Zeitung:
Das konnten wir bei anderen Lungenentzündungen nicht beobachten und hat uns sehr überrascht.
Grundsätzlich würde das Immunsystem zwar wie üblich reagieren. Die entsprechende Abwehr würde wie gewohnt "früh aktiviert, aber dann durch TGFβ gleich wieder blockiert", erklärt Mir-Farzin Mashreghi, der an der Studie beteiligt war.
Nur manche Patent:innen betroffen
Andreas Diefenbach von der Berliner Charité präzisiert, dass nicht alle Patient:innen betroffen sind:
Bei manchen Patientinnen und Patienten reagiert das Immunsystem jedoch so stark auf den Erreger, dass der Körper gegenreguliert und den dämpfenden Botenstoff TGFβ bildet.
Bei Menschen, bei denen der Körper nicht derart überreagiert, scheint das Verhalten des Immunsystems hingegen normal und durchaus ausreichend. Ein milder Covid-Verlauf ist die Folge.
Was bedeutet das für die Behandlung von Covid-19?
Die Erkenntnisse könnten für die Behandlung von Covid-19 von grundlegender Bedeutung sein. Denn würde ein Medikament die Ausschüttung der problematischen Botenstoffs verhindern oder dämmen, könnten schwere Verläufe möglicherweise vermieden werden.
Entsprechende Medikamente gebe es bereits, erklären die Forscher:innen in ihrer Studie, etwa Stoffe aus der Krebstherapie. Die Entdeckung könnte also schon sehr bald konkrete Auswirkungen auf die Behandlung von Covid-Patient:innen haben.
In letzter Zeit häufen sich die positiven Meldungen zu möglichen Covid-Behandlungen. Anfang des Monats hat AstraZeneca die Schnellzulassung seines Wirkstoffs beantragt. Und selbst ein altbewährtes und günstiges Antidepressivum soll schwere Verläufe abmildern können.