„Wie geht es dir?“ Diese Frage wird in Krisenzeiten voller Unsicherheiten und Sorgen immer wichtiger, empfinden Student:innen der Hochschule der Medien in Stuttgart. Die Corona-Pandemie liege noch stark in den Knochen und der Weg zurück in die Präsenzlehre stelle neue Herausforderungen dar.
Um die eigene psychische Gesundheit zu bewahren, werden Menschen offener darin, über ihre Probleme zu sprechen, sagt Studienberater David Sixt. Im vergangenen Jahr suchten etwa 420 Student:innen Rat bei der Zentralen Studienberatung der Hochschule der Medien.
Gruppenberatungen bei Stress
In Gruppenberatungen lernen Student:innen, wie sie Herausforderungen im Studium bewältigen können, zum Beispiel durch Selbstorganisation oder Wochenpläne. Im Gespräch würden meist auch Stress, Sorgen oder Zukunftsängste mitschwingen, sagt David Sixt. Aktuell steige die Nachfrage an Einzelsprechstunden. Hier werden auch tieferliegende Probleme thematisiert, individuell und vertraulich.
Vertraulich arbeiten auch die Nightliner:innen: Das sind Studierende, die anderen Studierenden über das sogenannte Zuhörtelefon ein offenes Ohr schenken. Vor allem nachts, wenn Familie und Freunde nicht mehr erreichbar sind. Julia, Vorstandsmitglied der Nightline Tübingen, sagt:
Kein Problem ist zu klein! Wir hören zu, ganz anonym und ohne Vorurteile. [...] Die Anrufer:innen fühlen sich verstanden und besser. Das gibt uns wiederum ein gutes Gefühl, jemandem geholfen zu haben.
Die "Nightliner:innen" hören dir zu
Julia hat fünf Jahre lang am Hörer gearbeitet. Heute gestaltet sie Workshops, die angehende Nightliner:innen besuchen müssen. Hier lernen sie, richtig zuzuhören – etwas, das im alltäglichen Gespräch oft untergehe, empfindet Julia. Es ginge in einem Telefonat nur um die Student:innen am anderen Ende des Hörers. Nicht selten bekommen Nightliner:innen dafür positives Feedback.
Auch wenn sich die Nightliner:innen und Ansprechpartner:innen der Zentralen Studienberatung mit Mental Health-Themen beschäftigen, können sie keine Psychotherapie ersetzen. „Wir begleiten Student:innen in Belastungssituationen, oft auch zur Überbrückung, bis jemand in Therapie kommt“, so Studienberater David Sixt. Zusätzlich könnten die Angebote auch während einer Therapie wahrgenommen werden.
Psychischer Gesundheitszustand
Mehr als die Hälfte der Student:innen in Deutschland und Österreich bewerten den eigenen psychischen Gesundheitszustand als nicht gut oder schlecht, zeigt eine in DerStandard veröffentlichte Studie über das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit von Student:innen.
Umso wichtiger werden hochschulinterne Angebote, die auf die mentale Gesundheit abzielen. Das Center for Learning & Development der Hochschule der Medien in Stuttgart plant jährliche Aktionswochen, die auf das Thema Mental Health einzahlen: Die langen Nächte der aufgeschobenen Hausarbeiten, Study & Career Week oder Thesis Fridays sind einige Angebote, die nicht nur Tipps für den Studienalltag bereithalten, sondern auch das Bewusstsein für den Umgang in Belastungssituationen stärken und vorbeugen.
Mut zum Gespräch
Darunter gibt es den Men's Mental Health Aktionstag, der speziell auf die Männergesundheit abzielt. Das Angebot solle Männern, die gehemmter sind als Frauen, Mut zum Gespräch über die eigenen Probleme machen, so Studienberater David Sixt. Präventionskurse wie Yoga und Meditationsrunden können für mehr Achtsamkeit, Entspannung, Balance und Bewegung im Alltag sorgen.
Laut Studentin Dana würde sie die Angebote der Hochschule wahrnehmen, sobald sie sich akut belastet fühle. Bisher versuche sie, sich selbst Ausgleiche zu schaffen, durch Sport, Spaziergänge und Stadtbesuche. Eine gute Study-Life-Balance sei wichtig, um den eigenen Energiehaushalt gut im Blick zu haben, sagt David Sixt. Die eigenen Bedürfnisse sollten mindestens im gleichen Maße in die Woche eingeplant werden, wie auch Vorlesungen und Lernphasen.
Wie es andere Student:innen mit ihrer psychischen Gesundheit ergeht und wie sie Abwechslung in ihren Studienalltag bringen, erfahrt ihr in unserem Video.
Verwendete Quelle:
DerStandard: 'Mehr als die Hälfte der Studierenden sind psychisch angeschlagen'