Eine größere depressive Störung, auch klinische Depression genannt, zeichnet sich durch ein anhaltendes Gefühl der Traurigkeit und ein steigendes Desinteresse für den Alltag aus. Bei den Betroffenen werden dadurch schwere emotionale und körperliche Probleme ausgelöst, die letztlich bis zum Selbstmord führen können.
Forscher vom kanadischen Douglas-Institut für psychische Erkrankungen haben versucht, die das Gehirn betreffenden chemischen Hintergründe dieses Verhaltens besser zu ergründen.
In dieser Absicht haben sie die Zellstruktur der Gehirne depressiver Männer untersucht, die durch Selbstmord ums Leben gekommen sind. Geht man von ihren Schlussfolgerungen aus, die sie am 4. Februar 2021 in der Zeitschrift Frontiers in Psychiatry vorgelegt haben, weisen alle Betroffenen eine Gemeinsamkeit auf.
Eine verringerte Anzahl von Astrozyten
Die Forscher haben durch posthume Gewebeanalysen festgestellt, dass durch Selbstmord zu Tode gekommene Männer einen auffallenden Unterschied in der Zusammensetzung der Zellen des Gehirns aufweisen. Als Vergleich haben dabei die Gehirne von Menschen gedient, die plötzlich und unerwartet aus anderen Gründen verstorben sind.
Als frappierender Unterschied ist festgestellt worden, dass die Zahl der Astrozyten bei den depressiven Selbstmördern in der Regel deutlich reduziert ist. Bei diesen handelt es sich um sternförmige Zellen, die für ein optimales Funktionieren der Neuronen unerlässlich sind.
Selbst wenn Abweichungen in der Anzahl der Astrozyten festzustellen sind, ähnelt der Aufbau der Astrozyten bei depressiven Personen demjenigen von geistig gesunden Menschen. Daraus kann man schließen, dass die Astrozyten durch die Depression nicht direkt verändert werden. Naguib Mechawar, Professor für Psychiatrie an der kanadischen McGill Universität und Hauptautor der genannten Studie, gibt hierzu in einer Mitteilung an:
Diese Forschungen weisen darauf hin, dass Depressionen eine Verbindung mit der Zusammensetzung der Gehirnzellen besitzen können. Als vielversprechende Entdeckung kann hierbei festgehalten werden, dass auch das erwachsene menschliche Gehirn, im Gegensatz zu den Neuronen, stets kontinuierlich zahlreiche neue Astrozyten produziert.
Wie kann das Phänomen behandelt werden?
Naguib Mechawar fährt in seiner Mitteilung fort:
Finden wir Möglichkeiten, diesen natürlichen Ablauf im Gehirn zu verstärken, können wir dadurch die Symptome bei depressiven Menschen abmildern.
Die Forscher schlagen hierzu vor, Medikamente zu entwickeln, die den Verlust von Astrozyten ausgleichen können. Bislang wirkt keines der Antidepressiva auf diese Zellen ein. Ketamin kann allerdings indirekt das Ungleichgewicht bei den Astrozyten korrigieren. Es handelt sich hierbei um ein relativ neues Medikament, das Patienten, bei denen nicht anderes mehr greift, Erleichterung bringt.
Die Autoren der Studie weisen jedoch zugleich auch auf die Grenzen ihrer Untersuchungen hin. Insbesondere den Umstand, dass die untersuchten Gewebeproben ausschließlich von Männern stammen. Die Grundlage dieser Untersuchungen soll in diesem Sinne erweitert werden. Die Wissenschaftler stellen hierzu fest:
Es ist mittlerweile nämlich bekannt, dass die Neurobiologie der Depression bei Männern und Frauen sehr große Unterschiede aufweist.