Seit Anfang dieses Jahrs haben sich in Finnland nach aktuellen Angaben der John-Hopkins-Universität ca. 25.000 Menschen mit Covid-19 infiziert. Von der Einwohnerzahl her ist Finnland mit der Slowakei vergleichbar. Hier sieht die Lage jedoch mit rund 107.000 Erkrankten ganz anders aus. So ist Finnland neben Norwegen und Estland eines der Länder mit den niedrigsten Corona-Infektionsraten in Europa. Die Gründe für die stabile Lage in Finnland sind vielseitig.
Früher Lockdown
Obwohl die Infektionszahlen zu diesem Zeitpunkt noch sehr niedrig waren, verhängt die finnische Regierung den ersten Lockdown sogar vor den skandinavischen Nachbarländern Mitte März.
In der Folge sind Reisen im Großraum Helsinki für ganze zwei Monate verboten und das öffentliche Leben stark eingeschränkt. Diese schnelle Reaktion bremst den Virus bereits zu diesem frühen Zeitpunkt aus.
Technischer Vorsprung
Auch in Finnland wurde das Berufsleben ins Home-Office verlagert. Kinder machen Home-Schooling. Doch es gibt einen wichtigen Unterschied im Vergleich zu Ländern wie Deutschland.
Als hochdigitalisiertes Land hat Finnland die technische Grundausstattung jedes Schülers gesichert. Während jedem Schüler ein eigener Laptop zur Verfügung steht, kommen laut einer Studie der GfdK in Deutschland 68 Schüler auf ein Gerät.
Die schlechte digitale Ausstattung an Schulen in Deutschland ist vor allem für Kinder aus ärmeren Familien ein Problem. Außerdem sind unsere Lehrer oft nicht fürs digitale Unterrichten ausgebildet.
Die finnischen Eltern leiden vergleichsweise weniger unter der Doppelbelastung durch Job und Kinderbetreuung. Was vielleicht auch ein Grund mehr für sie ist, in die Corona-Politik ihres Landes zu vertrauen.
Vertrauen in die Regierung
Während in Deutschland Demonstrationen von Corona-Leugnern abgehalten werden und Maßnahmen, wie die Corona-App, von einem Teil der Bevölkerung abgelehnt werden, ziehen die Finnen mit der Regierung an einem Strang und zeigen in Krisenzeiten so Verantwortung.
So lädt jeder zweite Finne das finnische Pendant der Corona-App herunter und leistet so einen aktiven Beitrag zur Eindämmung des Virus. Woher das große Vertrauen kommt?
Die finnische Grünen-Politikerin Rosa Meriläinen vermutet neben der fortgeschrittenen Digitalisierung in Schulen auch das nordische Modell des Wohlfahrtsstaats dahinter.
Abstand? - Kein Problem!
Finnland ist ein dünn besiedeltes Land. Da fällt es leicht, Abstand zu halten. Noch dazu liegt es in der Kultur der Finnen, eine gewisse Distanz zu wahren. So ist es ganz normal, sich zur Begrüßung nicht die Hand zu schütteln oder sich Küsschen zu geben.
Die finnische Komikerin Helena Pöllänen beschreibt ihre Quarantäne wie folgt:
Meine Schwester hat mir ein Auto am Flughafen von Helsinki hingestellt, damit ich direkt in das Sommerhaus unserer Eltern in Ostfinnland fahren konnte. Da habe ich mich die ersten zwei Wochen einquartiert. Ganz alleine. Ich musste ja in Quarantäne, weil ich aus Spanien kam. Keiner wusste, wie es weitergeht. Also habe ich mir gedacht: Okay, dann bleibst du einfach länger hier. Es blieb mir nichts anderes übrig als abzuwarten.
Während in Deutschland sogar tödliche Corona-Partys gefeiert wurden, scheinen sich die Finnen gut mit der Isolation arrangieren zu können. In einem Interview der Nachrichtenagentur AFP gibt Sozialpsychologin Nelli Hankonen der Universität Helsinki zu: "Wir sind nicht so gesellig und gern allein." Ein echtes Plus in Corona-Zeiten.